Newsletter Februar 2025
In dieser Ausgabe:
Wichtige Nachrichten
- Der Meta-Konzern beendet in den USA seine Kooperationen mit Faktencheck-Redaktionen
- Fünf palästinensische Journalisten in Gaza getötet
- Serbische Behörden spionierten Journalisten und Aktivisten aus
- Im Iran inhaftierte italienische Journalistin wieder frei
- Albanien sperrt TikTok für ein Jahr
- Thilo Mischke wird doch nicht ttt-Moderator
- Correctiv in Sachen Potsdam-Berichterstattung der Lüge überführt
- Gabor Steingart übt Kritik an Spiegel, SZ und Handelsblatt
VEJ Aktuell
- Exklusive VEJ-Reise nach Brüssel vom 19. bis 20. Februar
- Rückblick: Mitgliederversammlung und Weihnachtsessen
Gastkommentar
- Faktenverdrehung und Wahrheitsverfälschung – No Go im Journalismus
Termine
Hammer des Quartals
- Scholz Mail-Affäre: Warum die Bundesregierung Transparenz vermeidet
EDITORIAL
Liebe Mitglieder,
die Bundestagswahl steht vor der Tür und leider mussten wir in den letzten Jahren immer wieder auf die zunehmenden Einschränkungen der Meinungs- und Berichtsfreiheit sowie auf die Beeinflussung der Leitmedien mittels Druck, Geld und Beziehungen seitens bestimmter Parteien hinweisen. Deshalb mein Appell, bitte prüfen Sie Ihre Wahlentscheidung genau. Dass man in diesem Deutschland mit dem gewaltsamen Besuch von Polizeikräften Bekanntschaft machen muss, weil man seine Meinung öffentlich äußert, hätte ich mir nie vorstellen können.
Zu einem erfreulicheren Thema. Der Parkausweis für Journalisten der VEJ ist gedruckt und versandfertig. Nach Beschluss der Mitgliederversammlung wird er für den Betrag von 10. - € auf Anforderung ausgegeben. Er hat eine Gültigkeit von 2 Jahren und kann ab sofort bei unserer Pressesprecherin Kristina Schneider unter ristina.schneider@europa-journalisten.de bei gleichzeitiger Überweisung von 10.- € auf das Konto der Vereinigung Europäischer Journalisten e. V. IBAN: DE13 3705 0198 0008 5502 46 bestellt werden.
Darüber hinaus dürfen Sie sich auch 2025 auf ein interessantes Kaleidoskop hochinteressanter Veranstaltung freuen. Der Vorstand freut sich Sie in Berlin, München, Bonn, Brüssel oder wo auch immer persönlich begrüßen zu dürfen.
Herzlichst
Dr. Ralf Schneider
Präsident der VEJ
WICHTIGE NACHRICHTEN
Der Meta-Konzern beendet in den USA seine Kooperationen mit Faktencheck-Redaktionen
Meta, der weltgrößte Anbieter von sozialen Medienplattformen, hat eine weitgehende Kehrtwende im Umgang mit Falsch- und Desinformation angekündigt. Unmittelbar vor dem Amtsantritt von Donald Trump teilte Meta-Chef Mark Zuckerberg in einer Videobotschaft mit, in den USA seine Kooperationen mit externen Faktencheck-Journalisten einzustellen.
Anstelle von professioneller Verifikation soll bei Facebook und Instagram künftig ein System von nutzergenerierten Anmerkungen, sogenannten Community Notes, treten. Vorbild könnte die Plattform X sein, bei der Elon Musk ein eben solches Hinweissystem auf Nutzerbasis eingeführt hat. Auch YouTube experimentiert damit nach eigenen Angaben.
Nach Ansicht von Experten können Community Notes durchaus eine sinnvolle Ergänzung zu professionellen Faktenchecks darstellen - insbesondere bei politisch weniger aufgeladenen Themen.
In einem Video-Statement warf Zuckerberg Faktencheckern vor, "zu viel politische Schlagseite zu haben" und "mehr Vertrauen zerstört als geschaffen zu haben".
Mehrere der Meta-Kooperationspartner in den USA wiesen diese Unterstellung entschieden zurück. "Ich glaube nicht, dass wir irgendetwas aus Parteilichkeit heraus getan haben", sagte Neil Brown, Präsident des Poynter-Instituts, das die Faktchecking-Seite "PolitiFact" betreibt, gegenüber der "New York Times". "Es gibt einen Berg an Dingen, die man verifizieren könnte - und wir schnappen uns, was wir können." Lori Robertson, leitende Redakteurin von "FactCheck.org", schrieb in einem Blogbeitrag: Wir haben keine Inhalte entfernt und konnten das auch gar nicht. Die Einstellung von Faktencheck-Kooperationen ist nur ein Teil der Veränderungen auf den Meta-Plattformen. Auch die in den USA gültigen Hausregeln gegen Hassrede wurden zurückgeschraubt - etwa mit Blick auf sexuelle Minderheiten: "Wir erlauben Anschuldigungen psychischer Erkrankung oder Abnormalität mit Blick auf Gender oder sexuelle Orientierung (…)."
In der deutschen Version dieser Guidelines finden sich keine entsprechenden Regelungen, hier ist vergleichbare diskriminierende Sprache weiterhin untersagt. Aktuell sind drei Redaktionen in Deutschland Teil des Faktencheck-Programms des Meta-Konzerns: die Nachrichtenagenturen dpa und AFP sowie das Rechercheportal Correctiv. Sie werden von Meta für das Bereitstellen von Faktenchecks bezahlt.
Ein Sprecher der EU-Kommission warnte Meta vor einem Ende der Faktencheck in Europa: "Falls sich die Plattform dann nicht an das Gesetz über digitale Dienste halten sollte, könnten wir tatsächlich auch eine Geldstrafe erlassen, die bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes einer solchen Plattform mit sich ziehen könnte."
Quelle: ZDF
Fünf palästinensische Journalisten in Gaza getötet
Bei einem israelischen Angriff auf das Fahrzeug des palästinensischen TV-Senders Al-Kuds Today sind nach Senderangaben fünf palästinensische Journalisten getötet worden. Israels Armee bestätigt „einen Präzisionsschlag auf ein Fahrzeug mit einer Terrorzelle des Islamischen Dschihads“. Eine Rakete habe den Übertragungswagen am Donnerstag getroffen, als er in der Flüchtlingssiedlung Nuseirat im zentralen Gazastreifen parkte, erklärte der Fernsehsender. Die Mitarbeiter seien getötet worden, „als sie ihre journalistische und humanitäre Pflicht“ taten. Nach Angaben von Augenzeugen traf eine von einem israelischen Flugzeug abgefeuerte Rakete das Fahrzeug, das vor dem Al-Awda-Krankenhaus geparkt war. Das Fahrzeug habe Feuer gefangen.
Laut dem Komitee zum Schutz von Journalisten sind seit Beginn des Gaza-Krieges mehr als 130 palästinensische Journalisten getötet worden. Israel lässt keine ausländischen Reporter in den Gazastreifen, Ausnahmen bilden vereinzelte vom Militär organisierte Pressetouren in das Gebiet.
Quelle: Welt
Serbische Behörden spionierten Journalisten und Aktivisten aus
Serbische Behörden haben moderne forensische Technik und Spionagesoftware benutzt, um Aktivisten und Journalisten zu überwachen. Das berichtet Amnesty International in einem Report. Die Behörden nutzten Software des israelischen Unternehmens „Cellebrite“, um Daten von Smartphones zu stehlen. So konnten sie zum Beispiel die Geräte entsperren. Laut „Guardian“ ermöglicht die Technologie den Behörden, sensible Daten zu sammeln und Mikrofone sowie Kameras fernzusteuern. Dinushika Dissanayake, stellvertretende Direktorin für Europa bei Amnesty International, erklärte, dass die eingesetzten Geräte „ein enormes Risiko“ für Aktivisten darstellen könnten.
Er wurde im Februar kurzzeitig von der Polizei festgenommen. Obwohl sein Handy ausgeschaltet war, als er es der Polizei übergab, stellte er später fest, dass es manipuliert wurde. Amnesty's Laboranalyse bestätigte, dass ein Gerät der Firma „Cellebrite“ das Gerät entsperrt und die Spionagesoftware „NoviSpy“ installiert hatte. Ein weiterer Fall betrifft den Umweltaktivisten Nikola Ristić. Auch sein Telefon wurde mithilfe von Cellebrite-Geräten entsperrt und anschließend NoviSpy installiert. Amnesty International vermutet den serbischen Geheimdienst BIA hinter der Aktion.
Quelle: Focus
Im Iran inhaftierte italienische Journalistin wieder frei
Die italienische Journalistin Cecilia Sala durfte das berüchtigte Evin-Gefängnis in Teheran verlassen. Die Umstände ihrer Festnahme und auch der Freilassung wirken mysteriös.
Im Dezember war Cecilia Sala von iranischen Sicherheitskräften mit fragwürdiger Begründung festgenommen worden. Der 29-Jährigen wurden "Verstöße gegen Mediengesetze der Islamischen Republik Iran" vorgeworfen - die genauen Gründe für ihre Festnahme teilten Irans Behörden nicht mit.
Nun ist Sala wieder in Freiheit. Ein Flugzeug der italienischen Luftwaffe brachte sie zurück nach Rom. In einer von Italiens Regierung veröffentlichten Erklärung heißt es, die Freilassung sei das Ergebnis "intensiver Arbeit über diplomatische und geheimdienstliche Kanäle". Auf dem Flughafen Ciampino wurde Sala von Familie und Freunden erwartet. Auch Ministerpräsidentin Giorgia Meloni erschien zur Begrüßung.
Die Journalistin war im Dezember für eine Woche zu Recherchen im Iran. Sie war ganz offiziell mit einem Journalistenvisum eingereist. Am 19. Dezember, einen Tag vor ihrer geplanten Abreise, wurde sie festgenommen. Danach saß Sala in einer Zelle im berüchtigten Evin-Gefängnis nahe Teheran.
Die erfahrene Journalistin durfte nur wenige Male mit Angehörigen telefonieren. Darin beklagte sie sich, dass sie ohne Matratze auf dem Boden und mit angeschaltetem Licht schlafen müsse. Zudem sei ihr die Brille weggenommen worden.
Cecilia Sala ist Moderatorin eines in Italien äußerst beliebten Podcasts und Redaktionsmitglied der Tageszeitung "Il Foglio". Sala hatte am 17. Dezember - als sie noch im Iran war - eine Episode ihres Podcasts veröffentlicht. Titel: "Eine Unterhaltung über das Patriarchat in Teheran". Aber war das der tatsächliche Grund für Ihre Inhaftierung?
Spekuliert wird über einen Zusammenhang mit einem anderen Fall und über einen möglichen diplomatischen Deal. Denn kurz vor Salas Verhaftung in Teheran war ein iranischer Staatsbürger in Italien in Gewahrsam genommen worden. Ihm und einem in den Vereinigten Staaten festgenommenen Iraner wirft die US-Justiz den illegalen Export "komplexer elektronischer Komponenten" in den Iran vor.
Die Bauteile seien Anfang 2024 bei einem iranischen Drohnenangriff in Jordanien eingesetzt worden, so der Verdacht. Bei der Attacke wurden drei US-Soldaten getötet. Die Führung in Teheran wies einen Zusammenhang zwischen den Festnahmen und der Inhaftierung Salas zurück.
Der Vater der Reporterin, Renato Sala, deutete an, dass die Verhandlungen schwierig waren. "Ich hatte den Eindruck, dass das wie eine Partie Schach war - aber mit mehr als zwei Spielern", sagte Sala, der Manager bei verschiedenen Großbanken war. "Irgendwann war das Schachbrett überfüllt. Das löste bei einem Elternteil wie mir, der ich die Züge nicht kannte, große Ängste aus."
Im Iran sind mehrere westliche Staatsangehörige oder Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit inhaftiert. Nichtregierungsorganisationen beschuldigen das Mullahregime, die gefangenen Ausländer als Druckmittel bei zwischenstaatlichen Verhandlungen einzusetzen.
Quelle: Deutsche Welle, dpa, afp
Albanien sperrt TikTok für ein Jahr
Die albanische Regierung hat beschlossen, den Zugang zu TikTok für ein Jahr zu sperren.
In Albanien wird das besonders bei Kindern und Jugendlichen beliebte Online-Netzwerk TikTok ab Anfang 2025 gesperrt. Die Videoplattform werde für mindestens ein Jahr nicht zugänglich sein, verkündete der albanische Regierungschef Edi Rama. "TikTok ist der Gauner im Viertel", sagte Rama bei einem Treffen mit Lehrern, Eltern und Psychologen in Tirana. "Wir werden diesen Gauner für ein Jahr aus unserem Viertel verjagen." Stattdessen sollen Bildungsprogramme für Kinder gestartet werden.
Die Diskussionen über mögliche schädliche Wirkungen von TikTok kamen in Albanien auf, nachdem vor knapp einem Monat ein 14-jähriger Schüler bei einer Messerstecherei getötet worden war. Zwei Gruppen Jugendlicher hatten sich auf TikTok gegenseitig angefeindet und zu der am Ende tödlichen Prügelei verabredet. Wie die TikTok-Sperre in Albanien umgesetzt werden soll, ist unklar. Zudem gibt es bei solchen Verboten immer auch Schlupflöcher: In Ländern, in denen bestimmte Inhalte gesperrt sind, greifen Nutzer oft auf geschützte Netzwerkverbindungen (VPN) zurück, um solche Sperren zu umgehen. VPN-Tunnel können es so aussehen lassen, als wäre ein Nutzer in einem anderen Land.
TikTok ist in vielen Ländern hoch umstritten. So beschloss das australische Parlament Ende November ein Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige. Australiens Premier Anthony Albanese erklärte, er wünsche sich, dass Australiens Jugendliche von ihren Handy-Bildschirmen wegkommen und stattdessen lieber Sport machen. Zuvor hatten mehrere Staaten den Zugang zu Online-Netzwerken für Kinder bereits eingeschränkt. Das spanische Parlament verabschiedete im Juni eine Altersgrenze von 16 Jahren für den Zugang zu Social-Media-Plattformen. Im US-Bundesstaat Florida tritt im Januar ein Gesetz in Kraft, das die Einrichtung von Social-Media-Accounts für Kinder unter 14 Jahren untersagt.
Quelle: Tagesschau
Thilo Mischke wird doch nicht ttt-Moderator
Der Journalist Thilo Mischke
wird doch nicht Moderator des ARD-Kulturmagazins ttt - titel, thesen, temperamente. Das gab die ARD bekannt, nachdem zuerst die Süddeutsche Zeitung darüber berichtet hatte. Zuletzt hatte sich Kritik an Mischke wegen dessen früherer Autorentätigkeit gemehrt. Die ARD teilte zur Begründung mit, die in den vergangenen Tagen entstandene "heftige Diskussion um die Personalie Thilo Mischke überschattet die für uns zentralen und relevanten Themen, die wir mit der Sendung und Marke ttt transportieren und gemeinsam mit der Community diskutieren möchten so, dass dies nicht mehr möglich ist".
Thilo Mischke und die ARD seien sich einig darin, dass es nun vor allem darum gehe, einen weiteren Rufschaden von ttt und Mischke abzuwenden, heißt es weiter.
Die Kritik drehte sich um die Vergangenheit Mischkes, im Mittelpunkt stand dabei sein Buch "In 80 Frauen um die Welt" aus dem Jahr 2010. Mischke reiste wegen einer Wette, 80 Frauen zu verführen, um die Welt. Daraus entstand das Buch. Mehr als 100 Kulturschaffende hatten sich in einem offenen Brief an die ARD gewendet und angekündigt, die Zusammenarbeit mit Mischke zu verweigern. Die Unterzeichner warfen ihm vor, sich nicht kritisch mit seinem früheren Werk auseinandergesetzt und sich nicht ausreichend distanziert zu haben.
Die ARD hatte vor Weihnachten bekannt gegeben, dass Mischke ab Mitte Februar mit Siham El-Maimouni die Moderation der Sendung übernimmt, die traditionell sonntags am späten Abend im Ersten ausgestrahlt wird. ttt zählt zu den bekanntesten Kulturformaten der ARD. Die Sendung gibt es seit 1967. Im vergangenen Jahr schalteten durchschnittlich rund 850.000 Zuschauer (Marktanteil 7,4 Prozent) ein.
Mischke ist seit Jahren vor allem durch Reportagen für den privaten Fernsehsender ProSieben bekannt und gewann diverse Preise - unter anderem 2023 den Deutschen Fernsehpreis für die Reportage "Verlassen und vergessen? Afghanistan im Griff der Taliban" und 2020 den Bayerischen Fernsehpreis für die Reportage "Deutsche an der ISIS-Front". ProSieben stellte sich in dieser Woche hinter Mischke. "Wir schätzen ihn, weil er seit Jahren unfassbar wichtige und gute Reportagen macht, für die er vielfach ausgezeichnet wurde. Ihn nur an einem Buch aus der Damals-Zeit zu messen, ist ein sehr sehr selbstgerechter Ansatz, der viel über diejenigen aussagt, die genau das machen", so der Sender auf X.
Jan Fleischhauer kommentierte im Focus: Mischke hat niemanden unsittlich berührt. Er hat keine Frau durch anzügliche Bemerkungen in Verlegenheit gebracht oder seinen Status ausgespielt, um eine Kollegin herumzukriegen. Alles, was man ihm zu Lasten legen konnte, war loses Reden.
In dem offenen Brief, die seine Absetzung verlangte, hieß es, er befördere den Sexismus in der Gesellschaft. Das ist das Argument, auf das sich die Erstunterzeichner verständigten. Aber das ist erkennbar Unsinn. Mischkes Buch ist so alt, dass es nicht einmal als E-Book mehr verfügbar ist. Wie soll ein Text, den keiner mehr lesen kann, den Sexismus befördern?
Am Ende ist es die Feigheit der Institutionen, die der Meute den Triumph ermöglicht. Die meisten, die gelobten, niemals mehr einen Fuß in eine „Titel, Thesen, Temperamente“-Sendung zu setzen, würden nie in die Verlegenheit geraten, auch nur in die Nähe einer Erwähnung zu kommen. Wer hätte je von Zara Zerbe, Luca Mael Milsch oder Fikri Anıl Altıntaş gehört?
Und die drei, vier Namen, die man kennt, gehören zu den üblichen Verdächtigen, die immer dabei sind, wenn es darum geht, sich aufzublasen. Der Autor Saša Stanišić, der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk – Leute, die alles dafür geben, dass ihr Name in der Zeitung steht, und für die man früher, als der Tag noch nicht mit einem Blick über die Schulter begann, das schöne Wort Arschkrampe verwendet hätte.
Es wäre so einfach, man müsste nur für ein paar Tage die Nerven behalten. Am Ende hat die Petition „Verhindert Thilo Mischkes Moderation von ‚Titel, Thesen, Temperamente‘“ nicht einmal das selbst gesteckte Ziel von 5000 Unterschriften erreicht, sondern blieb bei 3600 stecken. Aber zu solcher Gelassenheit sind sie bei der ARD nicht in der Lage, das ist die politische Dimension.
Quelle: Tagesschau, Süddeutsche, Focus
Correctiv in Sachen Potsdam-Berichterstattung der Lüge überführt
Im Dezember zeichnete die Jury des "medium magazin" die Correctiv-Autoren des umstrittenen Berichts zum Treffen von Rechtsextremen in Potsdam mehrheitlich als "Journalisten des Jahres 2024" aus. In der Würdigung wird hervorgehoben, dass Correctiv die Berichterstattung erfolgreich gegen juristische Angriffe verteidigte.
Gleichzeitig wurde ein Beschluss des Landgerichts (LG) Berlin II publik, Correctiv habe den "falschen Eindruck" erweckt, dass in Potsdam über die Ausweisung deutscher Staatsbürger diskutiert worden sei.
Ausgangspunkt der Entscheidung des LG Berlin war allerdings kein gerichtlicher Angriff auf, sondern von Correctiv. Das Recherchemedium wollte der AfD-Politikerin Beatrix von Storch die Aussage "dreckige Correctiv-Lüge" verbieten lassen. Auf dem Landesparteitag in Berlin im Oktober sagte sie: “Nach einem Jahr Hass und Hetze gegen die AfD, nach der dreckigen Correctiv-Lüge, nach diesen ganzen massenhysterischen Demos …”
Doch der Angriff von Correctiv auf dem Rechtsweg sollte sich als fatales Eigentor erweisen.
Correctiv müsse sich auch scharfe Reaktionen gefallen lassen, da es selbst im Artikel scharfe Kritik äußere. Correctiv wolle selbst zum öffentlichen Meinungskampf beitragen. Vor allem aber falle "maßgeblich" ins Gewicht, ob es hinreichende Anknüpfungstatsachen für den Lügenvorwurf als Meinung gebe. Also konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Correctiv-Bericht falsche Tatsachen enthält und Correctiv dies wisse. Beides bejahte das Gericht.
Der Artikel habe bei vielen Lesern, gerade auch Journalisten, einen "unzutreffenden Eindruck" vom Potsdamer Treffen erweckt. Und zwar den Eindruck, dass Teil des diskutierten Masterplans auch die Ausweisung oder Deportation von deutschen Staatsangehörigen gewesen sei. Das Gericht verweist auf die presserechtlichen Verurteilungen u.a. des ZDF und anderer Medien, die den Correctiv-Bericht entsprechend auffassten.
Das Gericht begründet dies aber nicht nur mit der Wirkung auf andere Medien, sondern auch mit dem Bericht selbst. Denn obwohl im Artikel zunächst nicht die Rede von Ausweisungsplänen gegen deutsche Staatsbürger ist, endet dieser mit dem "Epilog", es bleibe zurück: "ein 'Masterplan' zur Ausweisung von deutschen Staatsbürgern".
Correctiv selbst hatte in einem Verfahren vor dem LG Hamburg (Az. 324 O 61/24) indes erklärt, dass "die Teilnehmer nicht über eine rechts-, insbesondere grundgesetzwidrige Verbringung oder Deportation deutscher Staatsbürger gesprochen haben". Auch vor dem LG Berlin behauptete das Medium nichts Gegenteiliges. Entsprechend kam das Berliner Landgericht II nun zu dem Schluss, dass prozessual von der Unwahrheit "dieser Tatsachenbehauptung" auszugehen sei: "Jedenfalls ist in der Öffentlichkeit durch die Berichterstattung (von Correctiv) ein entsprechender falscher Eindruck entstanden", so das Gericht.
Das Gericht sieht auch Anhaltspunkte für vorsätzliches Handeln von Correctiv, das den Lügenvorwurf als Meinung trägt. Denn trotz Kenntnis des “jedenfalls missverständlichen Inhalt” des Artikels habe Correctiv trotz mehrerer Updates den unzutreffenden Eindruck nicht mit einer Klarstellung oder einem ergänzenden Hinweis ausgeräumt.
Correctiv hatte in der Vergangenheit stets betont, dass der Kern der Recherche gerichtlich nicht beanstandet wurde ("Die Recherche und ihre Ergebnisse stehen"). Das LG Berlin tut jetzt aber genau das: Es beanstandet den Bericht inhaltlich in einem wesentlichen Punkt eindeutig. Dabei argumentiert das Gericht vor allem mit dem zusammenfassenden Ergebnis, das den falschen Eindruck vermittle, es sei auch über die Ausweisung von Staatsbürgern diskutiert worden. Die zahlreichen Irrtümer Dritter über das, was in Potsdam tatsächlich diskutiert wurde, sprechen indes für eine Falschbehauptung durch Correctiv.
Gabor Steingart übt Kritik an Spiegel, SZ und Handelsblatt
Der Gründer der Medienfirma leitet den Beitrag wie folgt ein: „Es gibt Fakten. Und es gibt Meinungen. Als ich Journalist geworden bin, war diese Trennung klar und allgemein akzeptiert. Heute gibt es Meinungen, die sich als Fakten tarnen. Und es gibt Fakten, die in Wahrheit Meinungen sind.“ Eine hybride Form des Journalismus hat sich aus Sicht von Steingart herausgebildet, „die mit unserer Demokratie unverträglich ist“. Medien & Märchen seien oftmals keine Gegensätze mehr.
Dann wird der Medienmanager konkreter: „Es gibt den Wächterpreis der deutschen Tagespresse. Aber im Grunde müsste er in den Erzieherpreis der deutschen Tagespresse umbenannt werden. Denn viele Journalisten wollen nicht der Wächter der Demokratie, sondern der Erzieher ihrer Leser sein. Die Wahrheit ist für sie kein Faktum eigener Art, sondern ein Rohstoff.“ Eine professionelle Selbstbefragung finde kaum mehr statt.
Und er setzt noch einen drauf: Für ihn ist es eine „gute Nachricht“, dass die Leser merken, was in der Branche vor sich geht. Die Leser machten die Erzieher- zu Verlierermedien, denen sie erst das Vertrauen und dann das Abonnement kündigten, so Steingarts Logik. „In der Marktwirtschaft bestraft nicht der liebe Gott die Sünden, sondern der Kunde. Deshalb jagt in vielen Verlagshäusern von Spiegel bis Süddeutsche Zeitung eine Sparrunde die nächste. Auch beim Handelsblatt gibt es neuerdings einen Einstellungsstopp“, stellt Steingart fest - und postet bei LinkedIn, wo er den Text auch veröffentlicht, einen Screenshot von einer dementsprechenden Handelsblatt-Ankündigung.
Danach richtet die ehemalige Handelsblatt- und Spiegel-Führungskraft die Scheinwerfer voll auf The Pioneer: Seine Firma halte dagegen. „Wir suchen 15 neue Journalistinnen und Journalisten. Weil wir wachsen. Weil wir ambitioniert sind.“ Steingart rührt kräftig die Trommel: Die Zahl der bezahlten Mitgliedschaften habe sich innerhalb dieses Jahres um 30 Prozent gesteigert, „beflügelt auch von der publizistischen Durchschlagskraft meiner neuen Co-Herausgeberin Dagmar Rosenfeld. Wir sind heute nachhaltig wirtschaftlich unabhängig – auch ohne Werbung“.
Moritz Döbler reagierte auf Steingarts Abrechnung auf LinkedIn: „Er nennt es vermutlich disruptiv. Ich empfinde es als ausschließlich destruktiv, wie Gabor Steingart regelmäßig über die etablierte Konkurrenz herzieht.“ Döbler erinnert ihn daran, dass er selbst bei Spiegel und Handelsblatt nahezu drei Jahrzehnte lang in Lohn und Brot stand. „Was er ist, verdankt zu einem großen Teil diesen beiden Adressen.“. Döbler stört auch, dass Steingart mit seinem Text obendrein noch einen der ältesten deutschen Journalistenpreise mit Gift und Häme bekleckert habe, dessen Juryvorsitzender Döbler ist. Der Wächterpreis müsse mitnichten unbenannt werden. Seine Schmähung diene ausschließlich einer kommerziellen Offerte, meint der Rheinische Post-Lenker.
Quelle: kress-Report
VEJ AKTUELL
Exklusive VEJ-Reise nach Brüssel steht vor der Türe
Für unsere Journalistenreise vom 19. bis 20 Februar nach Brüssel haben Sie das Programm bereits bekommen. Es sind noch einige wenige Plätze frei. Der Working-Lunch hat mit Monika Hohlmeier MdEP eine neue Gastgeberin und einige Änderungen bei den Diskussionsteilnehmern.
Hier der Programmablauf:
Mittwoch, 19. Februar 2025, 18:30 Uhr Abendveranstaltung mit Buffet der Taxpayers Association of Europe in der Vertretung des Freistaates Bayern bei der EU, Rue Wiertz 77, 1000 Brüssel
„Wachstumsmotor Forschung und Innovation. Wie wir mit marktwirtschaftlichen Lösungen in Europa den Wohlstand sichern“
Begrüßung und Einführung
Eric Beißwenger, MdL Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales in Bayern
Grußwort
Dipl.-Kaufm. Michael Jäger
Präsident des Europäischen Steuerzahlerbundes
Keynote
Dr. Andreas Schwarz, Kabinettchef EU Kommission für Start-ups, Forschung und Innovation
Podiumsdiskussion
- Eric Beißwenger, MdL
Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales in Bayern
- Dr. Andreas Schwarz, Kabinettchef EU-Kommission für Start-ups, Forschung und Innovation
- Jürgen Warborn MdEP
Präsident SME Europe
- Frank Obrist
Gründer und Vorsitzender der Obrist Group - Dr. Richard BEYER
Wissenschaftlicher Leiter European Institute für Public Finance (EIPF)
Moderation:
Dr. Ralf Schneider
Präsident Vereinigung Europäischer Journalisten (VEJ)
Schlusswort
Dr. Ingo Friedrich
Präsident des Europäischen Wirtschaftssenats
Donnerstag, 20. Februar, 10.15 Uhr – 11.45 Uhr, Taxpayers Association of Europe (TAE), Rue d’Arlon 46
Workshop: „Stopp-Bürokratie - eine Initiative zur Stärkung Europas“
Gastgeber: Michael Jäger und Horst Heitz
Kick-Off: Stop Bureaucracy – Eine Initiative zur Stärkung Europas
Die Veranstaltung beleuchtet die Auswirkungen von Bürokratie auf Unternehmen, Bürger und die europäische Wettbewerbsfähigkeit. Die Initiative „Stopp-Bürokratie“ zielt darauf ab, Verfahren zu vereinfachen, Transparenz zu fördern und Unternehmen sowie Bürger zu entlasten.
Diskutiert werden nicht nur die Ziele der Kampagne, sondern auch ihre Möglichkeiten und Grenzen. Welche Maßnahmen sind realistisch, und wie können Hindernisse überwunden werden? Zudem wird aufgezeigt, wie die Kampagne aktiv unterstützt werden kann, um Europa effizienter und dynamischer zu gestalten.
Donnerstag, 20. Februar, 12:15 Uhr, Europäisches Parlament, Brüssel
Working Lunch für Mitglieder der VEJ, Journalisten und Gäste
“EU-Kommunikation für den Bürger oder daran vorbei?”
Host: Monika Hohlmeier MdEP
Willkommen & Moderation:
Dr. Ralf Schneider, Präsident der VEJ
Eröffnungsansprache:
Debatte mit:
Jan Fleischhauer, deutscher Journalist, Kolumnist und Autor
Richard Kühnel, Direktor für Vertretung und Kommunikation in den Mitgliedstaaten, Europäische Kommission (tbc)
Christian Mangold, Acting General Director, DG for Communication, European Parliament (tbc)
Markus Lammert, Sprecher EU Kommission für Internes, Demokratie und Justiz
Dr. Christoph B. Schiltz, DIE WELT – WELT AM SONNTAG, EU/Nato-correspondent
In dieser Veranstaltung diskutieren Journalisten, Vertreter der EU-Institutionen und Politiker über die Kommunikationswege und -strategien der Europäischen Union. Im Fokus stehen die Vermittlung von Inhalten und Prozessen, die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen sowie die Frage, wie Politik, Institutionen und Medien diese verständlich erklären können. Zudem wird thematisiert, wer welche Rolle in der Kommunikation übernimmt und wie die Akteure besser kooperieren können, um eine klarere, bürgernahe und effektivere Kommunikation zu erreichen, die das Verständnis und Vertrauen der Bürger stärkt.
!!!Teilnahmebedingungen, Anmeldung und Ablauf!!!
Die Teilnehmerzahl ist auf 25 Mitglieder beschränkt. Teilnahme nur nach Anmeldung unter andreas.fasching(at)europa-journalisten.de bis zum 10.02.25 und anschließender Bestätigung in Reihenfolge des Eingangs. Individuelle An- und Abreise. Alle Veranstaltungen in Brüssel sind kostenfrei. Verpflegung durch die Gastgeber. Hotelübernahmekosten durch die VEJ. Wir haben für Sie folgendes Hotel gebucht:
Thon Hotel EU, Wetstraat/Rue de la loi 75, 1040 Brüssel
Rückblick
Mitgliederversammlung und Weihnachtsessen
25 Mitglieder und Gäste konnte VEJ-Präsident Dr. Ralf Schneider bei der diesjährigen Mitgliederversammlung und Weihnachtsfeier im Löwenbräukeller in München begrüßen.
In seinem Bericht über das Jahr 2024 ließ Präsident Ralf Schneider die Veranstaltungen Revue passieren: Verleihung des Europäischen Steuerzahlerpreises, Kooperationsevent mit dem Europäischen Wirtschaftssenat „Europa vor dem Abstieg“, Lunch mit Bundesminister Wissing, EJ-Tagung in Brescia, Internationaler Presseclub München zum Thema „500 Tage Krieg in der Ukraine – wie geht es weiter in Europa?“, Münchner Mediendialog.
Schneider bedankte sich bei allen Partnern und Unterstützern, insbesondere beim Bund der Steuerzahler in Bayern. Danach berichtete er über die erfolgte Sitzverlegung des VEJ nach München und die neue Satzung, sowie über die Unterstützungsaktion für den Presseclub München.
Letztendlich schloss Schneider seinen Bericht über die Aktion des VEJ gegen die Meinungsunterdrückung durch die aktuelle Bundesregierung, die er als sehr bedrohlich einschätzte. Zitat: Hier wird die Meinungsfreiheit Stück für Stück eingeschränkt und der Denunziation werden Tür und Tor geöffnet. So entsteht eine Art Paralleljustiz, die zuständigen rechtsstaatliche Institutionen umgeht. Schneider schloss seinen Vortrag mit Dank an die Vorstandskollegen und an die Geschäftsstelle.
Generalsekretär Michael Jäger informierte die Versammlung über die Situation der European Journalists (EJ) mit Rückblick auf die EJ-Tagung in Brescia.
Schatzmeister Robert Stich konnte berichten, dass trotz einer nach Corona wieder gestiegenen Veranstaltungstätigkeit sich die Finanzen weiterhin stabil zeigen. Positiv ist auch die Mitgliederentwicklung. 7 Austritten, 4 Kündigungen und drei Todesfälle, stehen 24 Neumitgliedschaften gegenüber. So empfahlen die Rechnungsprüfer daher die Entlastung des Vorstands, welche einstimmig, bei Enthaltung der Betroffenen, zugestimmt wurde.
Nach dem offiziellen Teil der Mitgliederversammlung startete das Weihnachtsessen mit einer vielbeachteten Rede von Prof. Markus Kaiser zum Thema: „„Political correctness und künstliche Intelligenz – wohin treibt der Journalismus“.
GASTKOMMENTAR
Faktenverdrehung und Wahrheitsverfälschung – No Go im Journalismus
Gastkommentar von Claudius Kroke
Medien wirken bei der politischen Meinungsbildung mit. Das ist eine ihrer wichtigen Aufgaben. Sie sollen erklären und wo nötig auch vereinfachen, um das komplexe Feld Politik verständlich zu machen. Selbst Politik machen sollen sie nicht. Genau das passiert aber. Vielleicht schon so lange, wie es Medien gibt. Denn jeder Journalist ist ein Mensch mit eigenen subjektiven Ansichten, die ihm auch zustehen. Da mag es mit der Trennung von Informationsvermittlung und eigener Meinung nicht immer ganz einfach sein. Das ist schlecht, aber sagen wir mal: es ist menschlich.
Was aber in den letzten Jahren zu beobachten ist, überschreitet diese menschliche Freiheit bei weitem. Ob aus purem Populismus oder aus fachlicher Inkompetenz: Einzelne Medien und Player nutzen ihre medialen Vermittlungs-Kanäle, um selbst politisch zu sein oder sich manipulierend ins Politische einzumischen.
Ein Fall, über den ich im vergangenen Jahr in meiner Kolumne auf kom.de geschrieben hatte: Ein Unternehmer erhält in Bonn einen Preis. Er nutzt seine Dankesrede für einen Rundumschlag gegen die Lokalpolitik der vergangenen 13 Jahre – Jahre, in denen Bonn von Bürgermeistern jedweder Couleur und Stadträten mit unterschiedlichen Mehrheitsverhältnissen regiert wurde. Sie alle nimmt der Unternehmer ins Gebet. Der Autor der Lokalzeitung schreibt in seinem Bericht jedoch, der Preisträger habe sich in seiner Rede „an die amtierende Ratskoalition aus Grünen, SPD, Linken und Volt“ gerichtet. Ein Fake! Der Preisträger postet seine Aussagen später bei LinkedIn, „um die Deutungshoheit nicht der Presse zu überlassen, sondern um allen Interessierten die Möglichkeit zu geben, sich selbst ein Bild zu machen“.
Was für ein lokaljournalistisches Desaster! Der betreffende Redakteur kann oder will nicht unterscheiden zwischen seiner Meinung (er wettert regelmäßig öffentlich gegen die grüne Stadtspitze) und seiner Aufgabe objektiver Berichterstattung.
Ganz ähnlich bei der bundesweiten Berichterstattung über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum neuen Wahlrecht (das bei der aktuellen Bundestagswahl erstmals gilt). Das Gericht teilte mit: „Das Bundeswahlgesetz 2023 ist überwiegend verfassungsgemäß – allein die 5 % Sperrklausel ist derzeit verfassungswidrig, gilt aber mit bestimmten Maßnahmen fort.“ Es gibt also de facto vorerst keine Abstriche.
Die Tagesschau titelte jedoch: „Bundesverfassungsgericht kippt das neue Wahlrecht in Teilen“, der MDR schrieb „Bundesverfassungsgericht hebt neues Wahlrecht teilweise auf“ und n-tv mischte in den Bericht gleich die subjektive Bewertung mit rein: „Schlappe für die Ampel: Karlsruhe erklärt neues Wahlrecht für teilweise verfassungswidrig“. – Diese Schlagzeilen sind alle falsch, mindestens jedoch irreführend.
Es kann nicht sein, dass Medien die Wahrheit derart verfälschen, und zwar – das lässt sich mittlerweile ganz gut dokumentieren – einseitig gegen eine bestimmte Parteipolitik. Die deutsche Wahlbevölkerung bewegt sich laut Umfragen im parteipolitischen Spektrum nach rechts – das ist aber kein Wunder, wenn Medien es ihnen quasi vorgeben. Allen voran die BILD-Zeitung, deren Schlagzeilen nicht ohne Grund als verfälschend und zunehmend hetzerisch gelten. Andere Medien folgen mittlerweile, indem immer häufiger das Objektive und sauber Recherchierte gegen das unachtsam und voreilig Hingeschluderte eingetauscht wird (siehe zum Beispiel die Schlagzeilen und Falschmeldungen zum Heizungsgesetz).
Das aber ist gefährlich. Schon jetzt erleben wir, dass immer mehr Menschen sich von den klassischen Medien und deren Berichten abwenden und verstärkt social media nutzen, die mehr Meinung als Fakten sind, und wo unter dem Einfluss der neuen US-Regierung das letzte bisschen Faktencheck auch noch abgeschafft werden soll. Da braucht es eine Medienwelt, die journalistische Maßstäbe wie Objektivität und Faktentreue in den Blick nimmt und eine neue Qualität der Berichterstattung sichert. Stattdessen erleben wir übereilte Schlagzeilen ohne Gegencheck – wie beim RBB, der in seiner unbedachten Berichterstattung über den Grünen-Politiker Gelbhaar einer Falschaussage auf den Leim gegangen war.
Über meine Warnung hier kann sich aufregen, wer meine Meinung nicht teilt: Das ist okay. Man mag gerne auch zur Gegenrede ansetzen: alles Sinn von Meinungen. Es können auch Medien die Initiative für mehr Klarheit und Objektivität im Journalismus ergreifen: würde mich freuen.
Doch bislang passiert von alldem nichts. Organisationen wie der Deutsche Journalistenverband (DJV) und selbst lokale Medienclubs gehen auf meine Kritik gar nicht ein. Kollegenschelte sei nicht gerne gesehen, schrieb mir eine Kollegin. Beratungsresistenz und mangelnde Selbstkritik sind aber weitere Minuspunkte, die drohen, dem Journalismus langfristig den Garaus zu machen.
Immerhin: Auf die Frage „Wie machen wir den Journalismus besser?“ zitiert das Magazin des DJV in seiner jüngsten Ausgabe die Journalistin Brigitte Baetz mit der Aussage: „Indem wir genauer formulieren, auch wenn plakative Verkürzungen mehr Klicks generieren“. Doch vielerorts – online wie Print – hat sich der (vor allem Lokal-) Journalismus auf das Clickbaiting eingelassen oder auf Native Advertising, bei dem für den ungeschulten „Otto-Normal-User“ kaum noch erkennbar ist, was Bericht und was Irreführung ist. Das alles sind gefährliche Entwicklungen.
Damit wir uns richtig verstehen: Mir geht es nicht um ein paar Einzelfälle parteiischer oder voreingenommener Berichterstattung aufgrund persönlicher Animositäten (wer die nicht ausblenden kann, ist im Journalismus ohnehin falsch aufgehoben). Mir geht es um einen unheilvollen Trend. Wolf Schneider beklagte schon in den 1980er Jahren (!!) eine oft tendenziöse Berichterstattung. „Gedankenlos“ werde die nächste Vokabel und damit oft Partei ergriffen. „Hier werden Verwirrung und Parteilichkeit durch die Journalisten hineingetragen“ in die Berichterstattung. Mehr Verwirrung zumindest, als die Sachverhalte an sich hergeben.
Warum sich das so entwickelt, vermag ich nicht zu sagen. Vielleicht haben einige Kollegen ein falsches Verständnis von ihrem Beruf. Der hat meines Erachtens vor allem die Information und sachgemäße Aufarbeitung komplexer Inhalte zum Ziel und – sauber getrennt davon – im zweiten Schritt deren Bewertung. Genau diese Reihenfolge bringen aber manche durcheinander. Wie gesagt: ich spreche hier immer von Einzelfällen. Die aber fallen unangenehm auf und richten mit ihrer Fakten-Verdrehung in einer Zeit, in der objektiver Journalismus als „Lügenpresse“ beschimpft wird, schweren Schaden an.
Zum Autor:
Claudius Kroker war viele Jahre freier Journalist bei Zeitungen, Hörfunk und der Nachrichtenagentur dpa, bevor er als Pressesprecher und Redaktionsleiter in PR-Agenturen wechselte. Er war Sprecher des Verbandes der Redenschreiber deutscher Sprache und ist Dozent für die Fortbildungsakademie des Landes Nordrhein-Westfalen, die Deutsche Richterakademie und die Deutsche Presseakademie. Er ist Kolumnist bei KOM – Magazin für Kommunikation.
TERMINE
19.– 20. März 2025 Media Lab Innovation Festival 2025
Hochschule für Fernsehen und Film München
Das Media Lab Innovation Festival ist keine Konferenz, bei der du passiv zuhörst. Stattdessen gibt es interaktive Sessions, die auf die aktuellen Pain Points der Medienbranche eingehen. Hier setzen wir gemeinsam aktiv an den Herausforderungen an. Du entwickelst deine Fähigkeiten weiter und tauschst dich mit Gleichgesinnten aus – perfekt, um direkt in die Umsetzung zu gehen! Dazwischen gibt es Impulsvorträge von Leuten, die die Zukunft der Medien prägen.
Das Media Lab Innovation Festival sind zwei Tage voller wertvoller Inputs, praxisnaher Übungen und Austausch mit Fachleuten. Ob du Journalist, Redakteur oder Medienmanager bist, dieses Event bietet dir die Tools, um die Zukunft deines Medienhauses zu gestalten.
Tickets ab 45 €
Die Themen 2025 (Auswahl)
Got Your Money
Von Abo-Modellen bis zu Community-Building – hier erfahren Medienschaffende, wie sie mit cleveren Monetarisierungsstrategien und kreativen Ideen neue Einnahmequellen erschließen und Leser langfristig an sich binden.
Rolling in the Reach
Vertrauen ist für Medien unerlässlich. Hier geht es darum, wie Redaktionen Vertrauen aufbauen und so ihre Audience besser erreichen und ihre Reichweite steigern.
AI Knew You Were Trouble
Praktische KI-Tools und Automatisierung in Redaktionen: Was nützt im Alltag wirklich? Welche Trends können wir erwarten und wie bleiben Medienhäuser zukunftssicher?
Democracy Rhapsody
Journalismus steht vor großen Herausforderungen in Zeiten von Fehlinformationen und schwindendem Vertrauen. Dieser Track beleuchtet den Beitrag des Journalismus zur Stärkung der Demokratie und die nötigen Schritte, um auch unter schwierigen Bedingungen unabhängige, relevante Berichterstattung zu garantieren.
tickets.media-lab.de/c/wvi0wm9t
20.03.2025 Akademie für politische Bildung Tutzing/ Veranstaltung beim Bayerischen Rundfunk in München: Medien für Menschen: Kann KI Journalismus besser machen?
In Kooperation mit der Evangelischen Akademie Tutzing und dem Bayerischen Rundfunk / BR24 Medien
Tagungsprogramm: www.apb-tutzing.de/Tagungsprogramme/2025/12-12-25-programm.pdf
Sekretariat: Iryna Bielefeld, Tel.: 08158 / 256-53
Der Eintritt zur Veranstaltung ist gratis. Es ist keine Voranmeldung notwendig.
Montag, 24.03.25 - Online Friedrich-Ebert-Stiftung: So können Journalisten KI professionell für ihre Arbeit nutzen
www.fes.de/veranstaltungen/veranstaltungsdetail/279769/anmelden
Montag, 24. März 2025 und Dienstag, 25. März 2025
jeweils 9:00-10:30 Uhr, 10:45-12:15 Uhr, 13:30-15:00 Uhr, online
Teilnahmepauschale: 60 €
Dieses interaktive Webseminar vermittelt einen fundierten Überblick über die Anwendungsmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz (KI) im Journalismus. Ein Fokus liegt auf generativer KI: Die Teilnehmenden lernen, wie Chatbots in den Etappen des journalistischen Workflows eingesetzt werden können, von der Themenfindung, über die Recherche und vor allem in der Produktion. Vorkenntnisse sind nicht nötig, das Seminar beginnt bei den Grundlagen.
KI und ihre Teildisziplinen / Funktionsweise von generativer KI/ Die Kunst des Promptens: Wie Journalisten ChatGPT und Co. passende Anweisungen geben/ Einsatzbereiche von multimodaler generativer KI (Bild, Ton, Video)
Seminarleitung: Bernd Oswald, Journalist, Autor und Trainer für digitalen Journalismus, München
29.März 2025 Leipziger Autor*innenrunde 2025 – »Die Selfpublishing- und DIY-Konferenz auf Augenhöhe«
Die Leipziger Autorenrunde veranstaltet von der Leipziger Buchmesse am Messe-Samstag in Kooperation mit Leander Wattig. In hochkarätigen Tischgesprächsrunden erfahren Sie alles Relevante zum erfolgreichen Publizieren und lernen dabei die Referenten und anderen Teilnehmer persönlich kennen.
Tickets: https://tickets.leipziger-messe.de/autorinnenrunde25-vvk
30.April bis 02. Mai 2025 Future Days Lissabon
Die Future Days in Lissabon finden 2025 zum zweiten Mal statt. Sie haben sich bereits nach einer Ausgabe den Ruf erarbeitet, ein neuer Hot Spot für Zukunfts- und Systemdenkende, Innovationsschaffende, Kreative, zielorientierte Organisationen und Entscheidungstragende zu sein. Hier wird darüber nachgedacht, wie wir die Zukunft des urbanen Lebens und gerechter Gesellschaften durch und über Technologie hinaus gestalten wollen.
Programm und Tickets: https://futuredays.io
Hammer des Quartals
Scholz Mail-Affäre: Warum die Bundesregierung Transparenz vermeidet
Kaum ein Thema erhitzt die Gemüter im Bundestag zu Zeit so sehr wie der Umgang mit Olaf Scholz’ dienstlichen E-Mails aus seiner Zeit als Finanzminister.
Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) erlaubt Bürgern grundsätzlich den Einblick in amtliche Dokumente. Doch bei den Mails von Scholz und seiner damaligen Büroleiterin Jeanette Schwamberger wird diese gesetzlich verankerte Transparenz offenbar ausgehöhlt. „Wenn der ehemalige Finanzminister sein dienstliches Mailpostfach – wie es den Vorschriften entspricht – zu dienstlichen Zwecken verwendet hat, dann handelt es sich bei den E-Mails um amtliche Informationen“, sagte der Berliner Anwalt David Werdermann: „Das heißt jede Person hat nach dem Informationsfreiheitsgesetz grundsätzlich einen voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zu den E-Mails.“
Die Bundesregierung verweigert den Zugriff auf die Mailkonten von Olaf Scholz aus seiner Zeit als Finanzminister – trotz klarer Vorgaben des Informationsfreiheitsgesetzes. Kritiker sehen darin eine Strategie, unangenehme Enthüllungen im Cum-Ex-Skandal zu verhindern. Die Mail-Affäre von Olaf Scholz birgt nicht nur rechtliche, sondern auch politische Sprengkraft. Sollten die E-Mails Hinweise auf unzulässige Einflussnahme enthalten, könnte dies das Vertrauen in den Kanzler erheblich erschüttern.
Die CDU/CSU-Fraktion hat eine Große Anfrage an die Bundesregierung gestellt, um den Verdacht der Vertuschung zu klären. Der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer äußerte scharfe Kritik: „Hier wurde mit uns über Monate hinweg ein Versteckspiel getrieben“, sagte er der Welt. „Wir müssen davon ausgehen, dass der Inhalt dieser Mails brisant ist.“
Die Affäre weitet sich aus, da immer mehr Details ans Licht kommen. Interne Unterlagen, zeigen, dass die drei Mailfächer von Scholz und weiteren hochrangigen Beamten nicht gelöscht wurden – entgegen früherer Andeutungen. Die aktuelle Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, Sarah Ryglewski, hatte am 4. Dezember im Bundestag bestätigt, dass ein solches Postfach „in den Systemen“ des Dienstleisters ITZ Bund „bis heute vorhanden“ sei. ITZ heißt übrigens „Informations-Technik-Zentrum“ des Bundes; es ist dem Bundesfinanzministerium unterstellt.
Ryglewskis Argumente muss man vielleicht im Zusammenhang mit ihrer Polit-Karriere sehen. Seit 2015 ist sie Bundestagsabgeordnete für die SPD (damals mit 32 Jahren). 2019 wurde sie bei Bundesfinanzminister Scholz Parlamentarische Staatssekretärin. Allein von daher müsste sie in der Lage sein, Transparenz in Scholz’ Mailfächer zu bringen. Mit dem Antritt der „Ampel“ am 8. Dezember 2021 wurde sie Staatsministerin im Kanzleramt, seit dem Bruch der Ampel im November 2024 ist sie wieder Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesfinanzminister. Da soll mal einer sagen, sie wisse von nichts.
Ihre Aussagen sorgen zu Recht für Widerspruch. Der Archivrechtler Thomas Henne bezeichnete die Aussagen von Ryglewski als „bestürzend“. Das dauerhafte „Einfrieren“ eines Mailaccounts, „damit nur der Inhaber des Accounts noch Zugriff hat“, sei „eine im deutschen Recht nicht vorgesehene Form der Eigenarchivierung“, so der Experte der Welt. Zudem bleibe in den Ausführungen der Staatssekretärin offen, ob Scholz im Rahmen des ihm gewährten Zugangs auch die Möglichkeit habe, nachträglich Mails zu löschen, was aus Hennes Sicht „evident rechtswidrig wäre“. „Wenn sich die Mails wie aktuell in einer Stelle der laufenden Verwaltung befinden, ist der Zugang nach den Informationsfreiheitsgesetzen möglich“, bekräftigte Henne.
Bereits 2020 hatte ein Untersuchungsausschuss im Hamburger Landesparlament die Verwicklung der Warburg-Bank in den Cum-Ex-Skandal untersucht.
Mehrere Treffen zwischen Scholz und Vertretern der Bank hatten damals zur Kontroverse geführt, ob Scholz’ Einflussnahme dazu beitrug, dass die Hamburger Steuerbehörden auf Rückforderungen verzichteten.
Kritische E-Mail-Korrespondenz aus dieser Zeit könnte Antworten liefern, doch die Bundesregierung verweigert den Einblick.
Allerdings sind solche Vertuschungen und Tricksereien nicht neu. Man erinnere sich: Eine Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte gegen alle Vorschriften Daten auf ihren Diensthandys gelöscht.
Noch nicht richtig in Brüssel als EU-Kommissionspräsidentin angekommen, wurden im August 2019 die Daten auf von der Leyens Blackberry-Diensthandys angeblich durch die Unachtsamkeit eines Sachbearbeiters „sicherheitsgelöscht“. Dabei wäre dieses Gerät ein Beweismittel im Untersuchungsausschuss zur 200-Millionen-Euro-Berateraffäre gewesen. Mitglieder des Ausschusses drangen denn auch darauf, eventuell relevante Handydaten einsehen zu können. Dazu hätten etwa SMS gehört, die von der Leyen zu diesem Thema verschickt hatte. Mal hieß es, man sei auf der Suche nach dem Gerät, dann hieß es, man müsse jetzt erst noch die Pin finden.
Wenig später erfuhren die Ausschussmitglieder, dass sämtliche Handy-Daten bereits seit August 2019 weg waren. Laut einem ministeriellen Bericht habe ein Fahrer des Ministeriums das alte Diensthandy von der Leyens bei ihrer Privatwohnung abgeholt und es ins Ministerium gebracht. Dort soll niemand an die Berater-Affäre gedacht haben. Auch auf einem zweiten Mobilgerät von der Leyens, das dann doch im Ministerium vorlag, wurden Daten gelöscht. Techniker stellten hier fest, dass sich auf dem zweiten Gerät „weder im Ordner Geschäftlicher Bereich noch im Ordner SMS-Nachrichten und Dateien befinden“, so der Bericht. Von der Leyen muss das Gerät selbst komplett von allen SMS-Nachrichten gereinigt haben.
Dass von der Leyen solche Kommunikation auch in Brüssel fortsetzt, ist bekannt. Bis heute weigert sie sich, ihre Kommunikation mit „Pfizer“ bei der Bestellung von Millionen Impfdosen für Milliarden Euro offenzulegen.
Auch der Chef des Bundeskanzleramts, Wolfgang Schmidt (SPD), engster Vertrauter von Bundeskanzler Olaf Scholz, gestaltet im Hintergrund fleißig die Informationssteuerung. So hatte sich Schmidt nach Tagesspiegel-Informationen unter anderem an die Spitze des NDR gewandt, um auf die Berichterstattung des Senders über mögliche Verwicklungen von Scholz in der „Cum Ex“-Affäre Einfluss zu nehmen.
Weiterhin setzt er vertraulichen Informationsveranstaltungen mit ausgewählten Journalistinnen und Journalisten ein, um die Berichterstattung zu steuern. Anfragen dazu lässt das Bundeskanzleramt regelmäßig mit dem Hinweis ins Leere laufen, nur zu Auskünften über Schmidts Dienstgeschäfte verpflichtet zu sein – und Scholz’ „Cum Ex“-Verwicklungen gehörten demnach nicht dazu. Der fließende Übergang von Schmidts Regierungsgeschäft mit dem allgemeinen Reputationsmanagement für Scholz erlaubt es Schmidt, aus dem Kanzleramt heraus auch Wahlkampf für Scholz zu machen.
Schmidt hatte seinen zu Beginn der Koalition fast monatlichen „Austausch“ in vertraulicher Journalisten-Runde Anfang 2024 ausgesetzt. Die Gründe dafür blieben unklar, sie könnten aber auch darin liegen, dass nach Klagen des Tagesspiegels vor dem Bundesverwaltungsgericht mehr Transparenz für sogenannte Hintergrundgespräche in politischen Zirkeln eingefordert werden kann. Von Teilnehmern wird regelmäßig verlangt, sich zur Vertraulichkeit zu verpflichten. In der Praxis bedeutet dies jedoch regelmäßig nur, dass der Kanzleramtschef in der Berichterstattung nicht als Informant genannt werden soll. Mitgeteilte Informationen können verwendet werden – und sollen es meist auch.
Die Praxis, vertraulich mit Medien zu kontaktieren, gehört zur regierungsamtlichen Öffentlichkeitsarbeit und ersetzt vielfach Pressekonferenzen, auch in Bundesministerien. Problematisch erscheint dabei, dass staatliche Urheber und Verteiler von Informationen für die Öffentlichkeit nicht erkennbar werden. Für das Publikum ist damit unklar, ob die Regierung selbst Quelle einer bestimmten Berichterstattung über die Regierung war.
Mit Material aus InvestmentWeek, WELT, Tichys Einblick, Tagesspiegel