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Wir müssen wieder journalistisch denken! 

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Präsident Dr. Ralf Schneider zur befürchteten Spaltung der Gesellschaft eine unheilvolle Koalition aus Politik und Medien.

Wir müssen wieder journalistisch denken! 

Der Präsident der Vereinigung Europäischer Journalisten in Deutschland, Ralf Schneider, sieht als Ursache der befürchteten Spaltung der Gesellschaft eine unheilvolle Koalition aus Politik und Medien.

„Die Moralisierung der journalistischen Arbeit widerspricht der Idee der vierten Gewalt im Staate fundamental. Journalisten von heute sind oft Besserwisser, die nicht berichten, sondern politisch etwas bewegen wollen. Sie glauben das Böse bekämpfen zu müssen. Doch wer definiert, was das Böse genau ist. Es geht nicht mehr um die Information der Bürger, sondern um die Moralisierung politischer Themen wie Migration, Klima, Kernkraft oder auch denUkraine-Krieg.“

Die Berichterstattung über die Ukraine, so Schneider, zeichnet sich durch Weglassen, Verschweigen und einseitige Bevorzugung einer bestimmten Partei aus. Die Ukraine ist seit der sogenannten orangenen Revolution 2004 ein Spielball von Oligarchen, Russland und der USA. Der Weg Selenskyjs zur Macht wird nicht hinterfragt. Hinterfragt werden auch nicht die Kapitel über die Ukraine in den „Panama-Papers“. Hinterfragt wird auch nicht, was es mit den Medienverboten und Zwangsschließungen während des Wahlkampfes und auch gerade eben durch Gesetzesdekrete auf sich hat.

Ricardo Gutiérrez, der Generalsekretär der Europäischen Journalistenföderation, hat unlängst heftige Kritik an dem neuen Mediengesetz geübt, das kürzlich unter Präsident Wolodymyr Selenskyj verabschiedet wurde. Das Gesetz gibt der Regierung wesentlich mehr Macht und Einfluss auf die Nachrichtenanbieter im Land. Kritik von westlichen Staaten oder von Seiten der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist bis heute nicht zu hören. Ganz im Gegenteil!

Die Ukraine bekam den Status eines Beitrittskandidaten, der es ihr ermöglicht, mit der EU über eine Mitgliedschaft zu verhandeln. Laut Gutiérrez ist dies jedoch keine Option für ein Land, das den Medienpluralismus nicht fördert und in dem die Regierung einen Großteil der Medien kontrolliert.

Der Gesetzentwurf wurde bereits vor zwei Jahren ausgearbeitet, also ein Jahr vor der Invasion Russlands. Gleich nach seinem Amtsantritt im Jahr 2019 hatte Selenskyj die Ausarbeitung des Gesetzes zur Stärkung der Medienregulierung angeordnet. In einer Erklärung erklärte auch die Nationale Journalistengewerkschaft der Ukraine, das Gesetz stelle eine „Bedrohung“ für die Pressefreiheit im Land dar. „Solche Befugnisse sind eindeutig übertrieben“, schrieb die Organisation. Über diesen Vorgang berichtete in ganz Europa nur die BBC und die FAZ. Die anderen Medien verschwiegen diese Vorgänge, die in Ungarn und Polen ständig thematisiert werden.

Laut der Regierung zielt die Sperre der Sender darauf ab, russische Propaganda zu verhindern. Die gesperrten Sender gehörten zu den fünf beliebtesten Informationskanälen in der Ukraine, da sie vor allem crossmedial viel Einfluss auch im Social-Media-Bereich haben.Laut Insidern möchte Selenskyj vor allem einen der Führer der Opposition, nämlich Viktor Medvedchuk mundtot machen. Er profitierte bisher am meisten von den gesperrten Medien.

Ralf Schneider dazu: „Ich weiß natürlich, dass zu jedem Krieg auch ein Propaganda-Krieg gehört. Wir tun aber so, als ob die eine Seite tun und lassen könne, was sie wolle, während die andere Seite ein Ausbund des Teufels sei. Das hat mit ausgewogenem Journalismus nichts mehr zu tun.“