Skip to main content

Newsletter Mai 2022

  • news

Wichtige Nachrichten

EU-Institutionen einigen sich auf strengere Regeln für das World Wide Web 

Rücktritt von Ministerin Spiegel “Ein Negativbeispiel der politischen Kommunikation”

Trump zurück auf Twitter? Was Musk mit dem Netzwerk vorhaben könnte

Politik besser erklären

Gilt in der deutschen Spitzenpolitik als verdächtig, wer rhetorisch brilliert und klar spricht?

EU-Bürgerbeauftragte: Transparenz in der EU dringend reformbedürftig

In dieser Ausgabe:

 

VEJ Rückblick

  • Wie der Politische Islam versucht, seine Kritiker einzuschüchtern: „Es kann schon lebensbedrohend sein“ -eine Bestandsaufnahme der VEJ in Brüssel 

VEJ Aktuell

  • Politik zum Anfassen in Berlin Politischer Islam: Trojanisches Pferd im demokratischen Rechtsstaat

  • Südtirol - Eine Medien-Clique macht Kritiker von Korruption und Immobilien-Exzessen mundtot 

 

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitglieder,

unsere Vereinigung ist gut durch die Pandemie gekommen. Wir waren die letzten, die 2020 Präsenzveranstaltungen durchgeführt haben und die ersten, die 2021 sich wieder öffneten. So war unser Lockdown ungefähr ein halbes Jahr kürzer als bei anderen Verbänden und Vereinen. Dabei haben wir immer genau auf die rechtlichen Vorgaben geachtet und die Gesundheit unserer Teilnehmer als oberste Richtschnur gewählt.

Der Vorstand bedankt sich bei Ihnen herzlich, dass Sie uns in schwierigen Zeiten die Treue hielten und kaum jemand die VEJ verlassen hat.

Mit dem Krieg in der Ukraine steht nun eine neue Herausforderung vor der Türe. Ein derartiger Angriff auf ein Nachbarland widerspricht ohne Zweifel allen ethischen Grundsätzen in der Politik und muss aufs Schärfste verurteilt werden. Viele Medienschaffende vergessen aber, dass es eine Entwicklung dahin gegeben hat, die man nun gerne ausblendet. Man vergisst auch, dass ein Krieg heute auch medial und virtuell geführt wird. Auch die Informationen, die wir von der „guten“ Seite bekommen sind manipuliert. Umso wichtiger ist eine gut recherchierte, faktenbasierte Berichterstattung. In unserem Mediendialog am 10. Juni in München wird das ein wichtiges Schwerpunktthema sein. Für Journalisten sollte immer der Leitspruch des Top-Journalisten Hanns Joachim Friedrichs gelten: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache“.


In diesem Sinn viele Grüße

Dr. Ralf Schneider

Präsident der VEJ

 

EU-Institutionen einigen sich auf strengere Regeln für das World Wide Web

Die EU-Institutionen haben sich auf die finale Version eines neuen Regelwerks für Internetkonzerne wie Google und Amazon geeinigt. Wie EU-Kommission und Parlament mitteilten, verständigten sie sich auf den sogenannten Digital Services Act (DSA). Mit dem Gesetz über digitale Dienste müssen Onlineplattformen künftig unter anderem verstärkt gegen Hass- und Falschnachrichten und andere illegale Inhalte vorgehen. Unter anderem soll der DSA sicherstellen, dass illegale Inhalte wie Hassrede schneller aus dem Netz entfernt, schädliche Desinformation und Kriegspropaganda weniger geteilt und auf Online-Marktplätzen weniger gefälschte Produkte verkauft werden.

Grundlegendes Prinzip ist: Was offline illegal ist, soll es auch online sein. Anbieter digitaler Dienste sollen von Rechtssicherheit und einheitlichen Regeln in der EU profitieren. Nach jahrelang vernachlässigter Regulierung des digitalen Raums bekommt das Web somit erstmals seit 20 Jahren ein umfassendes, strengeres Regelwerk. Große Plattformen mit mindestens 45 Millionen Nutzern müssen deutlich mehr Regeln befolgen als kleinere. Besonders betroffen sind somit rund 20 Unternehmen, darunter Google mit dem Tochterkonzern Youtube, Meta mit Facebook und Instagram, Microsoft mit seinem sozialen Netzwerk LinkedIn, Amazon, Apple und Twitter.

Die Plattformen sollen unter anderem dazu verpflichtet werden, die wichtigsten Parameter ihrer Empfehlungsalgorithmen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen offenzulegen. Auch sollen Nutzerinnen und Nutzer erfahren, wie sie die Parameter ändern können.

Die besagten Algorithmen entscheiden auf vielen Plattformen darüber, welche Nachrichten, Videos oder Produkte den Nutzerinnen und Nutzern angezeigt werden. An den meist geheimen Empfehlungsalgorithmen gibt es immer wieder Kritik. Die ehemalige Facebook-Angestellte Frances Haugen etwa kritisierte, dass Facebook aus Profitinteresse bewusst Algorithmen einsetze, die polarisierende Inhalte fördern.

Diese Änderung der Spielregeln dürfte sich auch im Alltag bemerkbar machen: So werden zum Beispiel Userinnen und User von Tiktok künftig die Möglichkeit bekommen, Einstellungen zu den in ihrem Feed ausgespielten Inhalten vorzunehmen. Gibt es hingegen einen Verdacht auf Diskriminierung durch einen Algorithmus – etwa wenn Postings von Menschen mit Behinderung benachteiligt werden –, so kann eine ausführlichere Offenlegung des Algorithmus gefordert werden.

Das Gesetz soll Internetkonzerne dazu verpflichten, stärker gegen Hassnachrichten vorzugehen. Onlineplattformen sollen etwa Nutzerinnen und Nutzer sperren, die häufig illegale Inhalte wie Hassreden oder betrügerische Anzeigen verbreiten. Dies soll für eine Vielzahl von Plattformanbietern gelten, nicht nur für die allergrößten wie Instagram, Facebook und Youtube. Außerdem sollen die Plattformen "unverzüglich" illegale Inhalte löschen oder unzugänglich machen, sobald diese ihnen gemeldet wurden. Der Richtwert dafür sind 24 Stunden.

Die Nutzerinnen und Nutzern sollen sehen können, mit welchen Einstellungen Werbung auf sie angepasst wird, und ebenso, wer die Anzeige finanziert. Besonders sensible Daten wie sexuelle Orientierung, politische Einstellung und Religionszugehörigkeit dürfen nicht für gezielte Werbung genutzt werden, außer der Nutzer oder die Nutzerin stimmt zu. Im Fall von Minderjährigen wird personalisierte Werbung vollständig verboten. Strengere Regeln gibt es auch im Bereich der Pornoplattformen. Große Plattformen müssen zum Beispiel gegen sogenannte Rache-Pornos ("revenge porn") vorgehen – also etwa, wenn Ex-Partner im Internet Nacktbilder verbreiten.

Die sehr großen Digitalkonzerne sollen der EU-Kommission Zugang zu ihren Daten gewähren, damit sie die Einhaltung der Regeln beaufsichtigen kann. Bei den kleineren Internetfirmen soll eine zuständige Behörde mit Ermittlungs- und Sanktionsbefugnissen in dem jeweiligen EU-Land, in dem die Firma ihren Hauptsitz hat, die Einhaltung der Regeln kontrollieren. Die Strafen könnten bis zu sechs Prozent des Jahresumsatzes des betroffenen Unternehmens betragen. Außerdem soll ein Zwangsgeld von fünf Prozent des Tagesumsatzes verhängt werden können, um einen Verstoß gegen den DSA zu beenden.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einer historischen Einigung. "Unsere neuen Regeln werden die Online-Nutzer schützen, die freie Meinungsäußerung gewährleisten und den Unternehmen neue Möglichkeiten eröffnen." Dies sei ein starkes Signal für die Menschen, Unternehmen und Länder weltweit.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte: "Der Digital Services Act wahrt die Meinungsfreiheit auch im digitalen Raum. So dürfen Plattformen Beiträge nicht willkürlich löschen und müssen ihre Löschentscheidungen auf Antrag überprüfen." Zugleich dürften Plattformen nicht hinnehmen, wenn ihre Dienste zur Verbreitung strafbarer Inhalte missbraucht werden. "Morddrohungen, aggressive Beleidigungen und Aufrufe zu Gewalt sind kein Ausdruck von Meinungsfreiheit, sondern Angriffe auf den freien und offenen Diskurs."

Auch aus Übersee gab es bereits am Freitag deutliche Worte: so sprach sich etwa der ehemalige US-Präsident Brack Obama dafür aus, einen Blick auf die EU zu haben. Die Regeln seien zwar nicht exakt das, was die USA brauche. Sie zeigten aber die Notwendigkeit, sich mit anderen Staaten zu koordinieren.

Quellen: Der Standard, Augsburger Allgemeine, Saarbrücker Zeitung

Rücktritt von Ministerin Spiegel
“Ein Negativbeispiel der politischen Kommunikation”

An einem Sonntag hatte Bundesfamilienministerin Anne Spiegel    mit einem emotionalen Statement versucht, ihren Urlaub kurz nach der Flutkatastrophe im Sommer 2021 zu erklären. Den Auftritt sieht der Kommunikationsexperte Johannes Hillje als ausschlaggebend für den Rücktritt der Politikerin.

Anne Spiegel steht sichtlich angespannt vor den Kameras. Die Noch-Bundesfamilienministerin spricht bedacht, mit vielen Pausen, räuspert sich mehrmals. Ihr Blick huscht hin und her, vereinzelt bricht ihre Stimme ab, sie scheint den Tränen nahe. Spiegel versucht, den vierwöchigen Familienurlaub kurz nach der Flutkatastrophe vergangenen Sommer zu erklären und teilt dafür Privates mit der Öffentlichkeit. Am Ende ihres Statements wendet sie sich nach rechts – vermutlich zu ihrem Presseteam – und sagt leise: „Jetzt überlege ich gerade, ob ich irgendwas…jetzt muss ich das noch irgendwie abbinden.“

Nach der Entschuldigung der Ministerin stellte sich nicht nur verstärkt die Frage, wie es zu diesem unprofessionellen Auftritt kommen konnte.

Offenbar war Spiegel in dem Moment nicht klar, dass ihr Statement live übertragen wird. Ein Fehler, den der Kommunikationsberater Johannes Hillje bei Spiegels Pressestelle sieht. „Die Pressekonferenz wird vermutlich als Negativbeispiel der politischen Kommunikation in die Lehrbücher eingehen“, so Hillje. „Weniger wegen des Gesagten, sondern vielmehr wegen des Organisatorischen. Ein Pressesprecher kann eine Ministerin nicht in einem derart aufgewühlten Zustand vor die Kameras lassen.“

Die Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele sieht das anders: „Die Verantwortung trägt immer der oder die an der Spitze. Aber ein Presseteam hätte sie da sicherlich besser beraten müssen.“

Die gewählte Uhrzeit für die Pressekonferenz sorgte für Verwirrung: Am Sonntag um 21 Uhr hatten viele mit einem Rücktritt gerechnet. Dann kam die emotionale Entschuldigung. Vieles hätte dafür gesprochen, diesen Termin stattdessen auf Montag zu legen.

„Um einen Nicht-Rücktritt zu verkünden, muss man nicht um 21 Uhr am Sonntagabend eine Pressekonferenz halten. Da kann man sich auch ausgeruht am nächsten Tag zu Wort melden“, so der Kommunikationsexperte Hillje. „Diese ungewöhnliche Zeit macht den Eindruck, als sei das Ganze etwas überhastet gewesen.“ Wenn man die Debatte zu den eigenen Gunsten wenden möchte, sei es außerdem sinnvoll, das noch vor Redaktionsschluss der Printzeitungen zu versuchen.

Der Zeitpunkt sei auch ein Widerspruch zu dem gesellschaftlichen Thema hinter der Affäre, so Hillje: „Wenn man für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsteht und dann sich selbst, dem eigenen Team und den Journalistinnen und Journalisten diesen Termin in den Kalender setzt.“

Auch Andrea Römmele von der Hertie School of Governance sieht den Zeitpunkt des Auftritts kritisch: „Dass es am Sonntagabend in diesem Format gemacht wurde und dass Hochpersönliches, Familiäres als Erklärung genutzt wurde, war extrem unklug. Ich hätte Anne Spiegel geraten, noch eine Nacht darüber zu schlafen und dann zurückzutreten. An dem Rücktritt ging kein Weg mehr vorbei.”

„In diesem Fall hat die Krisenkommunikation die Krise verschärft statt entschärft”, sagt Johannes Hillje. Nach dem Statement ging es nicht mehr allein um das politische Handeln von Anne Spiegel, sondern verstärkt um ihre persönliche Eignung für das Amt der Familienministerin. „Das hat meines Erachtens letztlich den Ausschlag gegeben, warum der Rücktritt nicht mehr zu vermeiden war“, so Hillje.                                                                        
Der Kommunikationsexperte sieht in dem Statement der Politikerin aber auch eine Stärke: „Anne Spiegel hat am Anfang des Auftritts gesagt, sie tut jetzt etwas, was eigentlich gegen ihre eigenen Prinzipien verstößt. Nämlich, dass sie das Private öffentlich macht.“ Damit habe sie Transparenz schaffen wollen – laut Hillje ein wichtiger Faktor in Krisensituationen. Die Darstellung des Schicksals ihres Mannes führe zu Solidarität. Aber letztlich blieb die Frage, ob Spiegel im aktuellen Status Quo der Unvereinbarkeit von Familie und Beruf ihrer politischen Verantwortung gerecht geworden sei, so Hillje. Es sei wunderbar und wichtig, dass immer mehr junge Politiker und Politikerinnen offen mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf umgehen, meint Römmele. „Aber das als Begründung anzugeben, warum man nicht performt hat und als letzte Reserve zu nehmen, damit man noch im Amt bleibt, das finde ich billig.“

Für Krisensituationen ist laut Hillje entscheidend, dass Politiker auf ein Reputationspolster zurückgreifen können. Dann komme es weniger schnell zu Rücktrittsforderungen. Spiegel hatte sich dieses Polster noch nicht aufbauen können, da sie erst wenige Monate im Amt und noch nicht lange bundesweit bekannt war. Es waren interne Chatverläufe bekannt geworden, die den Eindruck erwecken, dass es Spiegel am Morgen nach der Flut weniger um die Hilfe für Betroffene als um ihr eigenes Images ging. „Spiegel war in der ganzen Affäre um die Flutkatastrophe von Beginn an defensiv und hat den klassischen Fehler der Salamitaktik angewandt: Fehler nur nach und nach zugeben“, so Hillje.

Quelle: Deutschlandfunk

 

Trump zurück auf Twitter?
                  Was Musk mit dem Netzwerk vorhaben könnte

Mit Medien kennt sich Julia Jäkel aus. Die frühere Chefin des Verlages Gruner & Jahr und Ex-Bertelsmann-Vorständin war selbst viele Jahre für Magazine wie den „Stern“ verantwortlich, inzwischen sitzt sie unter anderem im Aufsichtsrat der Deutschen Presseagentur und der Holtzbrinck Publishing Group. Über die Osterfeiertage trieb sie offenbar die mögliche Übernahme von Twitter durch Tesla-Chef Elon Musk um.
„Wie kann es sein, dass wir es als Gesellschaft zulassen, dass ein Einzelner unsere kommunikative Infrastruktur bestimmen kann?“, fragt Jäkel in einem Beitrag im Karrierenetzwerk Linkedin.

Dann, so ihre Interpretation, müsse man sich nicht über den Brexit und Donald Trumps Wahlsieg im Jahr 2016 wundern. „Aber was mich wirklich sorgt: Demokratie hängt inzwischen ab von der Gnade einzelner Milliardäre, die globale Informationsplattformen kontrollieren. Nicht gut“, so die Ex-Verlags-Managerin.

Die Sorge treibt in diesen Tagen nicht nur Jäkel um. Zwar ist es derzeit eher unwahrscheinlich, dass Tesla-Chef Elon Musk tatsächlich Erfolg hat und Twitter für rund 40 Milliarden Dollar übernehmen und von der Börse nehmen kann. Das Management hat dem Unternehmen eine sogenannte „Giftpille“ verabreicht, die Musks Anteile massiv verwässern würde, sollte er ohne Zustimmung des Vorstands mehr als 15 Prozent übernehmen. Doch auszuschließen ist bei Musk natürlich nichts.

Bleibt die Frage: Wäre im Fall der Übernahme wirklich die Demokratie in Gefahr? Tatsächlich fällt auf, dass Musk keineswegs der einzige Multimilliardär ist, der seinen anderswo erlangten Reichtum einsetzt, um sich ein Medium zu kaufen. Das bekannteste Beispiel ist Amazon-Gründer Jeff Bezos, der sich mit der „Washington Post“ eine klassische US-Medienmarke kaufte – im Vergleich zu Twitter zum absoluten Schnäppchenpreis von nur 250 Millionen Dollar.
Aber es gibt noch einige andere Beispiele: Salesforce-Gründer Marc Benioff kaufte sich für 190 Millionen Dollar das „Time Magazine“ und der inzwischen verstorbene Casino-Milliardär Sheldon Adelson gehörte nicht nur zu den größten Trump-Spendern, sondern gab sein Geld auch für eine Lokalzeitung in Las Vegas aus, um damit politisch Stimmung im Casino-Staat Nevada zu machen.

Hinzu kommen andere Multimilliardäre, die ihr Vermögen entweder in den Medien verdient haben, wie Richard Murdoch, oder wie Mark Zuckerberg mit sozialen Medien wie Facebook reich geworden sind. Tatsächlich führt sogar Elon Musk selbst in seinem ersten Interview nach Bekanntwerden seiner Übernahmepläne bei der TED-Konferenz den Facebook-Gründer als Negativbeispiel für zu viel Einfluss an.

„Was Medienbesitz angeht, da gibt es Mark Zuckerberg, dem Facebook, Instagram und Whatsapp gehören mit einer Aktionärsstruktur, die dafür sorgen wird, dass im wahrsten Sinn des Wortes noch Mark Zuckerberg der 14. diese Unternehmen kontrollieren wird“, sagt Musk unter dem Gelächter der Zuhörer. „Wir werden das bei Twitter nicht so machen.“ Tatsächlich kann Zuckerberg bei Facebook fast unkontrolliert schalten und walten, weil es unterschiedliche Klassen von Aktien gibt. Zuckerberg gehört zwar längst nicht mehr die Mehrheit der Aktien an dem von ihm gegründeten Netzwerk, er kontrolliert aber die Mehrheit der Stimmrechte. Nach Meinung von Experten ist Twitter auch deshalb ein so interessantes Übernahmeziel, weil es bei dem Kurznachrichtendienst keine unterschiedlichen Aktienklassen gibt, die einzelnen Eigentümern überproportional viel Einfluss gewähren.

Das würde sich allerdings ändern, sollte es Musk gelingen, das komplette Unternehmen zu übernehmen und zu privatisieren. Zwar kündigt der Tesla-Chef an, dass er den Quellcode von Twitter öffentlich machen wolle, wenn er das Unternehmen kontrollieren sollte. Er kündigte aber auch schon an, dass er dann im Zweifel immer zugunsten der Meinungsfreiheit entscheiden würde, dass Löschungen von Beiträgen und Sperrungen von Nutzern die absolute Ausnahme sein müssten.

Das nährt wiederum Befürchtungen, Musk könnte Ex-Präsident Trump wieder auf die Plattform lassen, der „permanent“ von Twitter gesperrt wurde, nachdem er die Aufstände in den USA nach der Wahl Joe Bidens angestachelt hatte. Ohnehin wird Musk eine gewisse Nähe zu Trump attestiert.

Es gibt zudem die Sorge, dass sich noch ein anderer guter Bekannter von Musk an der Übernahme beteiligen könnten: Peter Thiel. Musk und Thiel kennen sich von ihrer Zeit bei Paypal, wo beide viel Geld verdienten. Während Musk seine Millionen in Tesla und SpaceX steckte, investierte Thiel früh in Facebook und wurde so zum Multimilliardär.

Schon in der Vergangenheit bewies Thiel aber auch ein bedenkliches Verständnis von Pressefreiheit. So finanzierte er die Klage des Ex-Wrestlers Hulk Hogan gegen das US-Klatsch-Portal „Gawker“, das dadurch in die Insolvenz getrieben wurde. „Gawker“ hatte sich Thiel zum Feind gemacht, weil es seine Homosexualität öffentlich gemacht hatte. Inzwischen finanziert Thiel gezielt Kandidaten vom rechten Rand für die Zwischenwahlen des Kongresses im Herbst.

Dass Thiel sich an der Twitter-Offerte beteiligen könnte, ist bislang nicht mehr als ein Gerücht. Allerdings unterfütterte Musk selbst mit einem Tweet die Vermutung, es könnte noch weitere Interessenten für den Kurznachrichtendienst geben: Dass sich das Management für die „Giftpille“ entschieden habe „könnte mehr an der Sorge über andere potenzielle Bieter liegen als an mir“, schrieb er.

 Inzwischen gibt es Gerüchte, die Investmentfirma Apollo Global Management würde sich an Musks Übernahmeversuch beteiligen wollen, Apollo gehört derzeit der einstige Internet-Gigant Yahoo, der allerdings nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Aber wäre eine Übernahme von Twitter durch einen oder mehrere Milliardäre wirklich so eine Katastrophe wie die deutsche Medien-Managerin Jäkel befürchtet? Zumindest wettbewerbsrechtlich sehen Experten keine Bedenken: „Wenn ein Milliardär ein Unternehmen übernehmen und von der Börse nehmen möchte, ist das wettbewerbsrechtlich erst einmal nicht relevant – die Eigentümerstruktur ändert ja nichts an der Marktmacht der Firma“, sagt Justus Haucap, Wettbewerbsökonom der Universität Düsseldorf.

„Anders wäre das, wenn der Milliardär in diesem Fall etwa Mark Zuckerberg hieße – dann könnte man von einer weiteren Konzentration im Markt ausgehen.“ Auch wenn eine Firma wie Google oder Amazon der Kaufinteressent wären, müssten die Wettbewerbshüter genauer hinsehen: „Da wäre zumindest eine weitere Konzentration im Markt für Internetwerbung denkbar.“ Doch Elon Musk hält bislang keinerlei weitere Medienbeteiligung, auch mit Internetwerbung verdient er kein Geld. „Also ist das kein Fall für deutsche Behörden“, so Haucap. Die müssten nur einspringen, wenn Musk seine extrem libertären Vorstellungen zu freier Meinungsäußerung für Twitter auch im deutschen Markt umsetzt und dabei etwa gegen deutsche oder europäische Mediengesetze verstoßen sollte: Regelungen wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz oder die kommenden Plattformgesetze der EU gelten unabhängig davon, wer der Eigentümer ist. Musk kündigte schon an, dass sich Twitter natürlich an die geltenden Gesetze halten müsse – allerdings meinte er damit die der USA.

Dass vorerst auch bei einer Übernahme von Twitter durch Musk kein Meinungs-Monopol droht, bewies Jäkel nebenbei übrigens selbst. Sie veröffentlichte ihre Kritik an der Offerte schließlich bei Linkedin, wo sie fast 75.000 Follower erreicht – ganz ohne Twitter. Allerdings gehört das Karrierenetzwerk schon seit Jahren zu einem Tech-Giganten mit einem Multimilliardär im Hintergrund: Microsoft.

Quelle: WELT

 

 

EU-Bürgerbeauftragte: Transparenz in der EU dringend reformbedürftig
 

Die EU-Institutionen drücken sich vor zu viel Transparenz. Die Bürgerbeauftragte 
O’Reilly fordert ein moderneres Recht auf Zugang zu EU-Dokumenten.

Die EU-Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly forderte den Innenausschuss des EU-Parlaments auf, die vor 15 Jahren begonnene Reform des öffentlichen Zugangs zu EU-Dokumenten endlich wieder aufzunehmen. Angesichts der Entwicklung der Kommunikationsmittel in den vergangenen zwei Dekaden müssten die Regeln für den Dokumentenzugang der Bürger diesen angepasst werden.

Seit 2001 regelt die Verordnung 1049 den Zugang zu Dokumenten des Parlaments, der Kommission und des Rates. Demnach können Bürger, dessen Informationsanfrage abgewiesen wurde, an die EU-Bürgerbeauftragte wenden. Rund ein Viertel der jährlich von ihrem Büro bearbeiteten Anfragen beträfen Zugangsbehinderungen und mangelnde Transparenz, erklärte O'Reilly. Dabei gehe es zumeist um Fälle, in denen EU-Institutionen Ausnahmeregelungen geltend machen oder die Herausgabe verzögern, sodass die Information für den Anfragenden an Relevanz verliert.

Oft zögen sich die EU-Institutionen dabei auf eine enge Definition des Begriffs "Dokument" zurück. Einen solchen Fall mit prominenter Beteiligung hat O’Reilly gerade auf dem Tisch: Die EU-Kommission will Einzelheiten der Kommunikation zwischen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem CEO des Pharmakonzerns Pfizer Albert Bourla über Impstoffbeschaffung nicht herausgeben und begründet das damit, dass dazu keine Dokumente in den Akten abgelegt würden.

"Mein Büro untersucht einen Fall, in dem einem Journalisten mitgeteilt wurde, es gebe über diesen Austausch keine Aufzeichnungen, weil solche Nachrichten naturgemäß 'kurzlebig' seien", erklärte O’Reilly. Die Bürgerbeauftragte hatte bereits Ende 2020 klargestellt, dass die Transparenzregeln auch auf digitale Kommunikationsmittel wie Messenger oder SMS anzuwenden seien.

Die 20 Jahre alte Verordnung 1049 spreche zwar durchaus bereits von "Inhalten unabhängig vom Medium", sagte O’Reilly mit Blick auf von der Leyens Instant-Messenger-Gate. Dennoch seien die Regeln überholungsbedürftig, weil sich bei der Nutzung neuer Kommunikationskanäle eine Menge neuer Fragen stellten: Bietet der Umstand, dass manche Dokumente nicht mehr bei den EU-Institutionen selbst, sondern auf Cloud-Servern Dritter gehalten würden, ein neues Schlupfloch? Wie werden die als kurzlebig bezeichneten Kommunikationsverläufe dokumentiert und gespeichert? Und wie kann Zugang auch zu solchen "Dokumenten" zu vertretbaren Kosten realisiert werden?

Reformen der alten Verordnung sind bisher durch die EU-Regierungen blockiert worden. Eine Sprecherin teilte auf Anfrage mit, dass der Rat einfach keine eigenen Stellungnahmen verabschiedete. Die dänische Ratspräsidentschaft scheiterte 2012 mit Kompromissverhandlungen. Das Gesetzgebungsprojekt lief ins Leere. Man könne davon ausgehen, dass Parlament und Rat in Kernpunkten einfach zu weit auseinander gelegen hätten.

EU-Kommissarin Vera Jourova hat im vergangenen Jahr angekündigt, sie wolle den Weg frei machen für eine neue Novelle. Der Ball sei daher im Feld des Parlaments, sagte O’Reilly im nur schwach besetzten Innenausschuss. Bislang hat das Parlament allerdings abgelehnt, wieder bei Null anzufangen. O’Reilly beschwor die Abgeordneten dennoch, die bevorstehenden Präsidentschaften für die Wiederaufnahme zu nutzen. Ob die Mehrheit des Rates dieses Mal den notwendigen Enthusiasmus aufbringen wird? Bei den Arbeiten an einer 2016 vereinbarten gemeinsamen Datenbank, mit der die hinter verschlossenen Türen stattfindenden Trilog-Verhandlungen im EU-Gesetzgebungsverfahren für die Öffentlichkeit transparenter gemacht werden sollen, zeigt der Rat allerdings keine besondere Eile.

Das Büro O’Reilly hofft, dass die tschechische oder schwedische Ratspräsidentschaft das Thema endlich prominent auf die politische Agenda der Union setzt und sich "Champions" für Transparenz in allen drei Institutionen verbünden.

Quelle: heise online

 

Politik besser erklären

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert von den Politikerinnen und Politikern in Bund, Ländern und Gemeinden, ihre Politik den Menschen besser zu erklären und die politische Entscheidungsfindung transparent zu machen.

Anlass ist die aktuelle Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach, nach der ein Drittel der Bevölkerung das demokratische System in Deutschland in Frage stellen. Sie glauben, in einer Scheindemokratie zu leben, in der die Bürger nichts zu sagen haben. „Wer so denkt“, sagt DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall, „hält auch das Grundrecht der Pressefreiheit für verzichtbaren Luxus.“ Die Folgen dieser medienfeindlichen Einstellung bekämen Journalistinnen und Journalisten vermehrt zu spüren: „Übergriffe auf Medienschaffende bis hin zu körperlicher Gewalt haben von der Zahl und der Intensität her zugenommen. Daran dürfen wir uns nicht gewöhnen.“

Aus Sicht des DJV-Vorsitzenden ist es nicht damit getan, Berichterstatter bei Demonstrationen besser zu schützen: „Es gilt, das Vertrauen in die Demokratie wiederherzustellen, wo es verloren gegangen ist. So wie viele Redaktionen Einblick in ihre journalistische Arbeit geben, muss die Politik transparenter werden.“ Es sei kein Wunder, dass viele Menschen zum Beispiel mit den sich permanent ändernden Corona-Beschlüssen überfordert seien. Erklärungsversuche nur in Talkshows zu liefern, reiche nicht aus, so Überall.


Quelle: DJV

            Wie der Politische Islam versucht, seine Kritiker einzuschüchtern: „Es kann schon lebensbedrohend sein“ -eine  Bestandsaufnahme der VEJ in Brüssel 

Politischer Islam ist keine Religion: Diskussion im Europaparlament mit MEP Mandl, Journalistenpräsident Schneider, Menschenrechtlerin Keller-Messahli und Tageblatt-Korrespondent Maurer (von rechts) (Foto: Christoph Staudinger)


Im Umgang mit Kritikern ist der Politische Islam nicht zimperlich. Das von Klagen bis zur handfesten Morddrohung reichende Repertoire wird nun auch im Europaparlament thematisiert.Einfach mit ihrer Freundin Seyran Ates auf einen Kaffee gehen, das kann Saida Keller-Messahli nicht. „Vor dem Café-Besuch müssen Sicherheitsbeamte erst klären, ob das überhaupt möglich ist“, so die Schweizer Menschenrechtsaktivistin, die zusammen mit der deutschen Imamin 2017 in Berlin die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee gegründet hat. Weil Ates dort einen säkularen Islam predigt, gehören Morddrohungen für sie zum Alltag. Die Folge: Polizeischutz rund um die Uhr. „Ich könnte Ihnen zehn Freunde aufzählen, die alle unter Polizeischutz leben, weil sie den Politischen Islam kritisieren“, sagt Keller-Messahli.

Die Präsidentin des eidgenössischen „Forum für einen fortschrittlichen Islam“ beleuchtete diese Woche auf Einladung der Vereinigung Europäischer Journalisten (VEJ) in einer Diskussionsrunde im Brüsseler Europaparlament die Einschüchterungsmethoden, mit denen Protagonisten des Politischen Islam ihre Kritiker zumindest mundtot zu machen versuchen. „Es kann schon lebensbedrohend sein“, so Keller-Messahli, die aber auch weniger archaische Instrumente zur Unterdrückung von Kritik kennt. „Wenn sie den Politischen Islam kritisieren, denn riskieren sie eine Lawine von Anzeigen und Klagen, damit sie eingeschüchtert sind und es sich das nächste Mal sehr gut überlegen.“

Davon kann auch der von VEJ-Präsident Ralf Schneider zur Debatte in der Voxbox des EU-Parlamentes eingeladene Tageblatt-Korrespondent Manfred Maurer ein Lied singen. Ein inzwischen selbst wegen Mitgliedschaft einer Terrororganisation verurteilter islamischer Religionslehrer hatte ihn in Österreich wegen eines Berichtes über ein Dschihad-Video mit eindeutigen IS-Bezügen geklagt, das der Aktivist der islamistischen Milli-Görüs-Organisation auf Facebook geteilt hatte. Der Autor wurde zwar freigesprochen, sein Verlag blieb jedoch auf einem beträchtlichen Teil der Anwaltskosten sitzen, da der unterlegene Kläger sie nicht zur Gänze übernehmen muss.

Das ist offenbar ein Kalkül klagefreudiger Islamisten: Selbst wenn sie einen Prozess verlieren, was sehr oft vorkommt, haben die geklagten Medien einen Schaden. Dieser bemisst sich neben in nicht zur Gänze ersetzten Verfahrenskosten vor allem im zeitlichen Aufwand und der Unannehmlichkeit, die ein Gerichtsverfahren für Journalisten bedeutet. Dieser „juristische Dschihad“ könnte eine Erklärung für die Zurückhaltung mancher Medien im Umgang mit islamistischen Verbänden sein, hat aber auch einen positiven Aspekt: Drohungen und Klagen gehören zum journalistischen Geschäft, der daraus resultierende Druck fördert aber auch die Akribie bei der Recherche und somit die Qualität der journalistischen Arbeit. Leid tun müssen einem jene Muslime, die als Informanten Berichte oft erst möglich machen und wegen sehr konkreter Bedrohungen etwa von Verwandten in ihren Herkunftsländern meist nur unter dem Schutz der Anonymität Licht ins islamistische Dunkel werfen können.

„Ich sehe die Karte bei mir“, sagt Lukas Mandl, „die Politik muss etwas tun“. Der ÖVP-Europaabgeordnete kann auf erste Erfolge verweisen. So hat das Europaparlament bei der EU-Kommission erreicht, dass der „Islamophobie-Report“ keine EU-Förderungen mehr bekommt. Damit verliert das von der türkischen Seta-Stiftung herausgegebene Jahrbuch, in dem neben echten Islamhassern vor allem liberale Muslime an den Pranger gestellt werden, die Möglichkeit, sich mit dem Aufdruck des EU-Logos einen Anstrich von Seriosität zu verleihen.

Die CSU-Abgeordnete Monika Hohlmeier verweist auf ein grundlegendes Problem bei der Vergabe von EU-Fördergeldern an NGOs: Es werde vor allem auf die Erfüllung formaler Kriterien geachtet, „aber wir sind nicht darauf ausgerichtet, zu identifizieren, wo führen die gerade einen Cyberwar gegen uns“. Abhilfe schaffen könnte der 2020 eingerichtete „Sonderausschuss zur ausländischen Einflussnahme“, der sich dem sowohl im Ukraine-Konflikt als auch in der Auseinandersetzung mit Islamisten zentralen Problem der Desinformation stellt. Mandl mahnt vor dem Hintergrund des alles überlagernden Ukraine-Krieges, „dass wir das eine tun, ohne das andere zu lassen“. Wie in der Ukraine gehe es auch im Kampf gegen Islamisten um Frieden und Freiheit. Denn, so Mandl, „die gefährliche und kranke Ideologie des Politischen Islam bedroht unsere Zivilisation und verdient nicht die Rechte und Freiheiten, die Religionen haben, weil das keine Religion ist“.

Saida Keller-Messahli verweist auf zahlreiche der Muslimbruderschaft nahestehende Organisationen, die in Brüssel und Straßburg stark lobbyieren, aber nur eine kleine Minderheit der Muslime repräsentieren. „Sie bezeichnen sich als Vertreter der muslimischen Bevölkerung anstatt zu sagen, sie seien Vertreter des Politischen Islam“, so Keller-Messahli. Hier werde Desinformation betrieben, um Politiker zu täuschen.

Die tunesisch-stämmige Schweizerin rät der Politik zur Intensivierung ihrer Kontakte zu „Muslimen, die laizistisch sind“. Das könnte auch dazu beitragen, dass sie ihre Freundin in Berlin endlich einmal ohne Polizeischutz treffen kann.

 

Unter dem bewährten Titel „Politik zum Anfassen“ veranstaltete die VEJ im Februar ihren informativen Business-Lunch traditionell im Restaurant Il Punto in Berlin. Da Staatsekretärin Katja Hessel am Vortag völlig überraschend abgesagt hatte, schickte die FDP ihren finanzpolitischen Sprecher im Bundestag Markus Herbrand. Der gelernte Steuerberater hatte zwar schnell die Zustimmung der rund 30 Teilnehmer, weil er darauf verwies, dass das Steuerrecht in Deutschland modernisiert und vereinfacht werden müsse. Der Solidaritätszuschlag und die "kalte Progression" müssen abgeschafft und der Tarifverlauf neu gestaltet werden, so Herbrand weiter in seinem Statement.

Allerdings war es der VEJ gelungen mit Dr. Ingeborg Gräßle eine weitere Bundestagsabgeordnete, diesmal von der CDU, als Gast zu gewinnen. Mit Gräßle, die dem Haushaltsausschuss und dem Rechnungsprüfungsausschuss angehört, der eng mit dem Bundesrechnungshof zusammenarbeitet und die sparsame Verwendung der Haushaltsmittel, also Steuermittel, überwacht, entwickelte sich eine angeregte Diskussion.

Gräßle bemängelte, dass der Nachtragshaushalt mehr Fragen aufwerfe, als er beantwortete. Eines sei klar: Die Ampel-Koalition braucht Geld, sehr viel Geld – und zwar dringend. Es wurden zu viele Versprechungen gemacht, die sich nur mit zusätzlichen Schulden finanzieren lassen. Die Ampel-Koalition will Kreditermächtigungen für die Corona-Pandemie nutzen, um sich ein komfortables Kreditpolster für die kommenden Jahre zu schaffen. Dieses Vorgehen sei aus Sicht der CDU/CSU verfassungsrechtlich nicht haltbar. Die Frage, ob und wie sich der Bund mit zweistelligen Milliardenbeträgen verschuldet, sei eine essentielle Frage von Generationengerechtigkeit und nachhaltiger Haushaltspolitik.

So wurde dieser Event der VEJ-Vortragsreihe „Politik zum Anfassen“ seinen Anspruch Informationen aus erster Hand zu liefern wieder einmal voll gerecht.

Politischer Islam: Trojanisches Pferd im demokratischen Rechtsstaat

Von Manfred Maurer, freiberuflicher Journalist Korrespondent der Nürnberger Zeitung, Nürnberger Nachrichten, des Luxemburger Tageblattes und des Oberösterreichischen VolksblattesDer demokratische Rechtsstaat und auch wir Journalisten stehen vor einer unterschätzten Herausforderung: Camouflierte Islamisten verbreiten unter einer legalistischenTarnkappe und unbemerkt von einer breiten Öffentlichkeit staatsfeindliche Ideologien. Staat, Gesellschaft und Medien sind gefordert, dagegenzuhalten, ohne den Islam unter Generalverdacht zu stellen.Hat man es mit islamistischen Selbstmordattentätern zu tun, ist die Sache klar: Sie morden unter dem Beifall einer nur winzigen (allerdings nicht zu vernachlässigenden) Minderheit für den Aufbau eines Weltkalifats. Aufstieg und Fall des Islamischen Staates (IS) zeigen, wie vergänglich solche Konzepte sind. Die terroristische Rechnung kann in Europa nicht aufgehen. Mit Sprengstoffgürteln operierende Terroristen sind zwar eine Gefahr für Leib und Leben, aber nicht wirklich eine für die von ihnen bekämpfte Ordnung.Doch nicht nur gewalttätige Extremisten verfolgen das Ziel einer Unterminierung des freiheitlich-demokratischen, christlich-jüdischen Gesellschaftsmodells. Organisationen wie die – vorwiegend arabische - Muslimbruderschaft oder die türkisch dominierte Milli-Görüs-Bewegung basieren auf Ideen, die sich im Prinzip nicht so sehr von der IS-Ideologie unterscheiden.Die Milli-Görüs-Bewegung etwa  geht auf den 2011 verstorbenen Antisemiten Necmettin Erbakan zurück, der nur in einer auf dem Islam basierenden Welt eine „gerechte Ordnung“ („Adil Düzen“), im westlichen System dagegen eine „falsche Ordnung“ sah. Diese falsche Ordnung führte der türkische Ex-Premier vor allem auf eine Ursache zurück: Eine seit 5700 Jahren währende Herrschaft der Juden, welche er als historisches Faktum betrachtete. Seine Anhänger sind auch außerhalb der Türkei aktiv, in Österreich ebenso wie in Deutschland, überall dort, wo es eine nennenswerte türkische Diaspora gibt.

Auch für die geistigen Väter der Muslimbruderschaft sind die Juden quasi das Urproblem der Welt. Yusuf Al-Qaradawi, ein populärer katarischer Prediger und eine Art Chefideologe der Muslimbrüder, erklärt den Holocaust als „gerechte Strafe Allahs für die Juden“, die er „als Feinde Gottes“ tituliert.  Der 95-Jährige steht in der Tradition des MB-Ideologen Sayyid Qutb, dessen 1964 erschienenes Hauptwerk „Meilensteine“, bis heute als Manifest des revolutionären beziehungsweise terroristischen Islamismus weltweit verbreitet ist. Wie Erbakan postuliert er einen Dua­lis­mus, der auf einer rigo­rose Gegen­über­stel­lung von isla­mi­scher und nicht-isla­mi­scher Welt basiert.

Haben wir es hier nur zu tun mit den Torheiten von greisen beziehungsweise toten Männern, die für historisch Interessierte von Belang, aber für das Hier und Jetzt belanglos sind? Keinesfalls. Die Bücher von Erbakan, Qutb und Al-Qaradawi, auch jene mit eindeutig antisemitischen oder gewaltfördernden Inhalten, werden weiter unter die Menschen gebracht. Zum Beispiel über türkische Buchhandlungen in Österreich, Deutschland und den Niederlanden, wo von türkischen Verlagen herausgegebene Werke dieser Autoren stationär und online angeboten. Damit klar ist, worum es geht, hier ein Zitat aus Al-Qaradawis - sogar bei  Amazon erhältliches - Buch „Fatwas über Palästina“:  „Sogar der Stein und Baum, hinter dem sich die Juden verstecken, werden sagen  ‚Oh Muslim, der Jude ist hinter mir, komm töte ihn!‘“ Den Muslimen wird in dem Buch erklärt, dass der Tag der Auferstehung nicht anbrechen werde, „solange ihr nicht Krieg mit den Juden führt“.

Weder die Muslimbruderschaft noch Milli Görüs haben mit ihren geistigen Urvätern gebrochen. Dennoch gelingt es den diesen Organisationen zuzurechnenden, unter verschiedensten, oft auch wechselnden Namen auftretenden Vereinen, sich der Politik vielfach als freundliche Partner anzudienen, etwa im Bereich von Migration und Integration. Die gut – vor allem hinter einer Sprachbarriere - versteckte Islamisten-Ideologie, ist nur bei genauem Hinsehen zu enttarnen. Doch sie ist präsent und wird verbreitet.

Der Verfassungsschutzbericht des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen legte 2018 einen besonderen Fokus auf den „legalistischen Islamismus“. Dieser Begriff meint Islamisten, die ihre Ziele nicht gewaltsam, sondern im rechtsstaatlichen Rahmen verfolgen. „Vor dem Hintergrund der Gräueltaten des IS schienen diese gewaltfreien Islamisten beinahe harmlos zu sein“, heißt es im NRW-Bericht, der den harmlosen Schein aber als brandgefährlich einstuft. Denn hier sind Meister der Täuschung am Werk: „Sie streben eine islamistische Ordnung an, sind aber bereit, innerhalb dieses Rahmens gewisse demokratische Elemente zuzulassen. Aus diesem Grund ist ihr Extremismus auf den ersten Blick oft kaum erkennbar“, so die Verfassungsschützer. Ihr Fazit: „Auf lange Sicht ist die aus dem legalistischen Islamismus resultierende Bedrohung für die freiheitliche demokratische Grundordnung größer, als jene durch den Dschihadismus, der zahlenmäßig immer ein Randphänomen bleiben wird.“

Von der Erkenntnis zur effektiven Gegenmaßnahme ist es jedoch ein weiter Weg, auf dem jedem, der ihn beschreitet, der  Nackenschlag mit der Islamophobie-Keule droht.  Politikern wie Journalisten. Wer sich kritisch mit Muslimbrüdern oder Milli Görüs auseinandersetzt, erntet schnell den Vorwurf des „islamophoben Rassismus“. Diese islamistische Wunderwaffe funktioniert nicht zuletzt auch deshalb, weil so manche  Kassandra bei der Warnung vorm Trojanischen Pferd offene Flanken bietet. Im Eifer des Gefechtes wird – manchmal unbeabsichtigt, manchmal aber auch gewollt  -  auf die erforderliche Differenzierung verzichtet und der Islam pauschal als Bedrohung dargestellt. Wer auf reale islamistische Gefahren hinweist, findet sich oft in unliebsamer Gesellschaft mit tatsächlichen Islam-Hassern ins rechtspopulistische Eck gedrängt.Die Propagandisten des Politischen Islam instrumentalisieren die nachvollziehbare Scheu von Politikern und Journalisten, in einen Topf mit rechten Hetzern geworfen zu werden, indem sie ihrerseits unzulässig pauschalieren und jegliche Kritik als islamophob diffamieren. Das führt zu Absurditäten wie dem alljährlich von der regierungsnahen türkischen Seta-Stiftung herausgegebenen Islamophobie-Report, in dem selbst Muslime wie die Berliner Imamin Seyran Ates als „islamophob“ denunziert werden, weil sie für einen liberalen Islam eintreten.

Um Unverwundbarkeit im Hinblick auf die Islamophobie-Keule zu erreichen, ist neben journalistischem Spürsinn die Einhaltung der  journalistischen Sorgfaltspflichten in besonderem Maß erforderlich. Denn das Bemühen der „Legalisten“ um eine rechtsstaatliche Teflonbeschichtung ihrer islamistischen Ideologie macht  sie schwerer durchschau- und greifbar.  Wer sich auf die  Auseindersetzung mit diesen Gruppierungen einlässt, sollte zudem gewappnet sein für den „Jihad by court“, also den „juristischen Dschihad“, bei dem es nicht unbedingt darum geht, vor Gerichten Recht zu bekommen, sondern Kritiker allein durch das drohende Prozessrisiko zum Schweigen zu bringen.

Schweigen allerdings ist angesichts des real existierenden Islamismus  alles andere als angebracht.


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Vorstand freut sich sehr, zu zwei außergewöhnlichen Präsenzveranstaltungen einladen zu dürfen.

Die erste ist der, wegen der Pandemie mehrfach verschobene EJ-Kogress in Temeswar (Rumänien), der diesmal unter anderem im Zeichen des Krieges in der Ukraine steht. Er findet vom 08. bis 10. Mai 2022 statt. Einzelne kurzfristige Nachmeldungen wären nach Absprache noch möglich.

Die zweite ist unser erstes gemeinsames Pressegespräch am 24. Mai 2022 mit dem renommierten PresseClub München, bei dem die israelische Generalkonsulin Carmela Shamir zu Gast sein wird. Anmeldeschluss 10. Mai 2022

EJ-Kongress Programm

Sonntag, 8. Mai 2022, Anreise Hotel Timisoara,  Mărășești 1-3 Căminul G4, Strada Aurelianus 7

20:00 Uhr: Begrüßungscocktail im Hotel Timisoara und Abendessen.

Montag, 9 Mai 2022, Universitatea de Vest von Timisoara, Bd. Vasile Parvan Nr. 4

9:00 Uhr: Begrüßung und Videobotschaft von Sven-Georg Adenauer, EJ-Ehrenmitglied; Enkel des deutschen Gründervaters der Europäischen Union Konrad Adenauer.

9:20 Uhr: Einführungsworte von EJ-Präsident Paolo Magagnotti.

EJ-Sondersitzung: In der Welle des Krieges in der Ukraine

Vorsitz: Michael Jäger, EJ-VEJ-Generalsekretär;

9:30 Uhr: Lehren aus der Geschichte - Ukraine und Russland. N.N.

9:50 Uhr: Eine neue Geopolitik für Europa

Ivan Koedjikov, ehemaliges Mitglied des Sekretariats des Europarates und politischer Berater für die Erweiterung des Europarates; EJ-Ehrenmitglied.

10:20 Uhr: Russlands Krieg gegen die Ukraine, ukrainischer Widerstand und neue Militärstrategien 

Mykhailo Samus, Direktor des New Geopolitics Research Network, Kiew

10:40 Uhr: Kaffeepause

11:00 Uhr: Kommunikation in Kriegszeiten und in der Zukunft

Ralf Schneider, Präsident der deutschen EJ-Sektion VEJ

11:15 Uhr: Kriegsberichterstatter (tba).

11:30 Uhr: Podiumsdiskussion mit Felicia Ristea, Vizepräsidentin der EJ; Reporterin für Radio Romania, Rumänien, Vassil Sotirov, EJ-Vizepräsident, Bulgarien, Tinatin Dvalishvili, Dozentin für Neue Medien an der Staatlichen Universität Tiflis, Georgien, Deniz Savaș, Verband türkischer Journalisten,Türkei, Igor Fedyk, Leiter der Sektion Südosteuropa des New Geopolitics Research Network in Kiew, Ukraine, Jacques Campé, Exekutivmitglied der EJ; Moderation: Stefana Ciortea-Neamțiu

Anschließend allgemeine Diskussion. Moderation: András Radetzky, Direktor des Ungarischen Katholischen Rundfunks, Professor für Journalismus an der Katholischen Pázmány-Péter-Universität Budapest.

12:30 Uhr: Mittagessen im Restaurant Zaza

14:00 Uhr: Besuch der Stadt Timisoara

18:30 Uhr: Abfahrt zum Weingut Aramis und Abendessen

Dienstag, 10. Mai 2022

Universitatea de Vest von Timisoara, Bd. Vasile Parvan nr. 4

09:30 Uhr: Präsentation und Diskussion zu „Timisoara – Kulturhauptstadt Europas“

11:00 Uhr: EJ-Generalversammlung (nur EJ-Mitglieder)

12:30 Uhr: Mittagessen im Restaurant Zaza

14:00 Uhr: Kulturprogramm

19:00 Uhr: Abendessen im Restaurant Pescada

21:00 Uhr: Rückkehr zum Hotel

Abreise nach eigenem Zeitplan bereits am 10. Mai möglich, sonst planmäßig Mittwoch, 11. Mai 2022.

Unterkunft im Hotel Timisoara mit Frühstück: im Einzelzimmer, € 200,00 pro Person.

Im Doppelzimmer € 350,00 für zwei Personen. Teilnehmerbeitrag Kongress: € 40,00 pro Person.

Teilnahmeerklärung durch Überweisung des Betrags auf das Konto: Association des Journalistes Européens, IBAN LU64 0019 6900 0492 4000, BIC: BCEELULL.  Bei Überweisung des Geldes senden Sie bitte eine E-Mail an unseren Schatzmeister Marc Willieré


Pressegespräch 24. Mai 2022, 11:00 Uhr München, Marienplatz 22/IV, 80331 München.

PresseClub München in Kooperation mit der Vereinigung Europäischer Journalisten: Anmeldung hier

Pressegespräch Carmela Shamir, Generalkonsulin von Israel Carmela Shamir war von 2013 bis 2017 die erste israelische Botschafterin in Usbekistan. Ihre Erfahrungen in der ehemaligen sowjetischen Teilrepublik sind sicher auch ein interessanter Gesprächspunkt vor dem aktuellen Hintergrund. Davor war sie Vizedirektorin der Nordamerika-Abteilung im Außenministerium in Israel. Heute ist sie zuständig für ganz Süddeutschland und hat auch einen Blick auf die Wirtschaftsbeziehungen. So ist Israel ein Vorreiter, was Erneuerbare Energien angeht. 

Der G7-Gipfel 2022 findet vom 26. bis 28. Juni in Schloss Elmau in den bayerischen Alpen statt – wie schon der letzte G7-Gipfel unter deutscher Präsidentschaft im Juni 2015. Es ist zugleich der siebte Gipfel, zu dem Deutschland als Gastgeber einlädt. Unter deutschem Vorsitz trafen sich die G7-Staats- und Regierungschefs das erste Mal 1978 in Bonn.

Die Außenminister treffen sich unter deutscher G7-Präsidentschaft

  • vom 12. bis 14. Mai 2022 in Schleswig-Holstein

 Das nächste Treffen der Finanzministerinnen und -minister sowie Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure findet vom 18. bis 20. Mai 2022 in Bonn und Königswinter statt.

Freitag, 6. Mai: F.A.Z.-Kongress mit EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen in Frankfurt und online

Der F.A.Z.-Kongress im Jahr 2022 steht unter dem Leitmotiv „Neue Horizonte“. Die Herausgeber und Redakteurinnen und Redakteure der F.A.Z. sprechen mit den Gästen über den gesellschaftlichen, kulturellen und ökonomischen Aufbruch nach der Pandemie. Es wird auch diskutiert, welche neuen Herausforderungen – wie zum Beispiel steigende Inflation, Beschleunigung der Digitalisierung oder Klimaschutz – die Menschen in den nächsten Monaten und Jahren beschäftigen werden. Von 9.30 bis 10.15 Uhr spricht Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit F.A.Z.-Herausgeber Berthold Kohler über die Zukunft Europas. Die Veranstaltung findet vor Ort im Kap Europa in Frankfurt am Main sowie online statt.

Zur Anmeldung gelangen Sie hier: Zur Anmeldung: 

Das Programm finden Sie hier: Programm: 

Weitere Informationen finden Sie hier: Informationen:

Die Deutsche Welle veranstaltet vom 20. bis 21. Juni 2022 in Bonn das vom Auswärtigen Amt geförderte 15. Global Media Forum zum Thema „Shaping tomorrow now“. 

Akkreditierung

 

      

 

                       Von VEJ-Mitglied Gunther Schnatmann
                                 Südtirol - Eine Medien-Clique macht Kritiker von                                 Korruption und Immobilien-Exzessen mundtot

Beobachter von Außen können nur den Kopf schütteln. In Südtirol werden derzeit alle Grundlagen des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte mit Füßen getreten - von Medien des linken politischen Spektrums. Davon profitieren ausgerechnet Immobilien-Magnaten, die eigentlich auf der anderen Seite des ideologischen Denkmusters stehen, sich aber geschickt journalistische Erfüllungsgehilfen herangezogen haben. Mit dem Ergebnis, dass die autonome Provinz Bozen inzwischen politisch völlig instabil geworden ist.

Was ist passiert?

Im März erschien das (vorab in den linksliberalen Medien "ff-Magazin", "Neue Südtiroler Tageszeitung" und "salto.bz" in Teilen veröffentlichte und von deren Autorenschaft verfasste) Buch "Freunde im Edelweiß". Darin: Auszüge aus Abhörprotokollen der Staatsanwaltschaft Bozen. Erstellt vor 3-4 Jahren, weil es den Verdacht gab, dass bei einer Buslinien-Vergabe gemauschelt wird. Das Verfahren wurde damals eingestellt, die Buslinien sowieso nicht an den Verdächtigen gegeben. Stattdessen großteils an den ehemaligen Weggefährten von Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP), der sich von diesem öfter einen Van für Urlaubsreisen auslieh - laut Staatsanwaltschaft mindestens einmal ohne Bezahlung.


Karl Zeller, der Vize-Chef der Regierungspartei SVP und Anwalt des mit-abgehörten Landeshauptmanns, hatte die 5000 Seiten Abhör-Protokolle bei der Staatsanwaltschaft herausgezogen. Und diese laut Südtirols größter Tageszeitung "Dolomiten" orchestriert an die von seinen Informationen abhängigen drei Medien durchgestochen, die daraus auch das Buch machten.

Es sind natürlich nur die Aussagen von Zellers und Kompatschers Partei-"Feinden" drin, die abgehörte Verdächtige angerufen hatten. Zitiert werden abfällige Bemerkungen vor allem über Landeshauptmann Kompatscher, z.B. wie unfähig dieser ist. Politiker-Geschwätz also. Aber alles im Detail nachzulesen und per QR-Code auch audio als Original im Netz hörbar.

Das müsste man sich in einem anderen demokratischen Land in Europa vorstellen: Abgehörte Privatgespräche Unschuldiger werden per Buch, Print, Online und Audio-Dateien in die breite Öffentlichkeit gezerrt. Ohne jede rechtliche Konsequenz. Auch die Proteste der Betroffenen beim Datenschutz-Beauftragten in Rom und Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft (der bewusst ist, dass sie nur die Dateien des Zeller-Mandanten und nicht sämtliche hätte herausgeben dürfen und deshalb betreten schweigt) brachten bisher nichts, alles steht weiter im Netz und auf Papier. In Deutschland zum Beispiel hätte eine solche Veröffentlichung schon am ersten Tag eine einstweilige Verfügung mit dem Stopp der Buch-Auslieferung oder erzwungenen Schwärzungen zur Folge gehabt. In Südtirol passiert: nichts. Stattdessen spielen sich die drei Tendenz-Medien täglich die Bälle zu und der von ihnen hochgeschriebene Landeshauptmann schreckt ob der Abhör-Zitate scheinbar auf, forderte mit Erfolg die Köpfe der prominentesten abgehörten Lästermäuler (Chef des größten SVP-Landesbezirks Bozen und der Gesundheits-Landesrat/Minister). Gerne garniert die "Tageszeitung" die SVP-Turbulenzen ganz frech mit vermeintlichen Zitaten, die von Betroffenen nie geäußert wurden, polemisiert "salto" unverfroren in bester "Russia Today"-Manier.

Was steckt hinter solch einer verstörenden Medien-Kampagne? Beim Landeshauptmann-Berater und Protokolle-Durchstecher Zeller scheint die Faktenlage klar. Als Vize-Parteichef und Landeshauptmann-Anwalt mit starkem politischen Einfluss hat er sich auf die Beratung des Landes bei PPP-Projekten (Public Private Partnership) spezialisiert. Gleichzeitig berät er als Anwalt lukrativ Privatfirmen bei PPP-Projekten mit dem Land. Interessenkonflikt? Für die von Zeller ständig mit SVP-internen Infos gefütterten "Aufdeckungs-Medien" kein Thema. Wenn die "Dolomiten" den Konflikt vorsichtig darstellen, werden sie von der Konkurrenz niedergeschrien - das sei ja nur eine Ablenkung vom eigentlichen Skandal, der Abhör-Affäre!

Neben Zeller steht noch eine graue Eminenz. Heinz Peter Hager, offizieller Förderer des aggressiv agierenden Linksmediums salto.bz, wichtigster Strippenzieher der SVP und parteiintern auf der Seite von Kompatscher und Zeller, hat sich selbst in einer Pressekonferenz enttarnt: Er warf dem SVP-Parteichef Achammer vor, ihn erpresst zu haben, damit er - Hager - das Buch mit den Abhörungen stoppt. Hager scheint also - folgt man der Logik - Einfluss auf die Veröffentlichung gehabt zu haben...

Die "Dolomiten" wiederum veröffentlichten die bis dato geheime Spenderliste der SVP für den Wahlkampf 2018. Darin wird der Spendenblock ersichtlich, der Hager plus seinen Geschäftsbeteiligungen und seinen Partnern und Geschäftsfreunden zuzuordnen ist: 49 Prozent aller Spenden für den erfolgreichen Wahlkampf von Arno Kompatscher.

Brisant: Hager ist gleichzeitig Italien-Statthalter der Signa-Holding von Immobilien-Tycon René Benko (Galeria Karstadt Kaufhof).

Bozen wird inzwischen auch als ,,Benko-City" bezeichnet: Signa ltaly wird ein Großeinkaufszentrum (Walther-Park) errichten. Signa versucht bei der Realisierung des neuen Bahnhofs-Quartiers mit hunderten Wohnungen sowie beim Bau des monumentalen Archäologiemuseums für die Gletschermumie Ötzi weiter in Bozen zu expandieren. Der Flughafen Bozen gehört bereits einem Konsortium aus Benko-Geschäftspartnern.

Es geht also um mehr als um abgehörte Flüche von Politikern. Abgehörte und an den medialen Pranger gestellte Politiker, welche gleichzeitig die einseitigen Immobilien-Projekte und die Wahlspenden-Praxis des Landeshauptmanns äußerst kritisch sehen.

Und was macht das größte Medium in Südtirol, die Tageszeitung "Dolomiten"? Die Tageszeitung, die rund 80 Prozent des Marktes abdeckt (die meinungsmachenden drei kleinen Enthüllungsmedien den Rest). Kompatscher und Zeller versuchen, die "Dolomiten" als "Monopolisten" durch die Regierung in Rom "zerschlagen" zu lassen, wie das ja oft bei Google/Facebook gefordert wird. Seit den Zerschlagungs-Bestrebungen halten sich die Dolomiten mit Enthüllungen über den Landeshauptmann auffällig zurück, weshalb ein gewisses Medien-Vakuum entstanden ist, in das die drei kleineren Publikationen erfolgreich hineingestoßen sind.

Insofern hat es die Minderheit in der Regierungspartei von Südtirol mit einer dreist agierenden Medien-Minderheit geschafft, die Meinungshoheit zu erreichen. Flankiert von der Tollpatschigkeit und Unfähigkeit der Ermittlungsbehörden. Ein Szenario zum Kopfschütteln...
Letzte Pointe an dieser Geschichte. Als auswärtiger unabhängiger Spieler hat nur der "Spiegel" den wahren Skandal klar erkannt und veröffentlicht:

Link zum Spiegel Artikel